Le Marin / Martinique

04.01.2018

 

 

Der Große Teich  - 2113 SM

Atlantik überquert, zu Silvester angekommen, Mannschaft gesund und munter, frisch und trotz allem ausgeschlafen. 13 Tage und 9 Stunden – Poldi hat damit seine letzte Atlantiküberquerung vor 15 Jahren um 4 Stunden unterboten. Die Yin Yang hat den „großen Teich“ nun schon zum dritten Mal überquert, leider hat sie uns ihre persönlichen Rekorde nicht mitgeteilt. Unsere Eckdaten: Anzahl der Fische: 7, größtes Etmal 175 sm ,  Durchschnittsgeschwindigkeit 6,57 ktn, Höchstgeschwindigkeit 14 ktn,  Anzahl der Flautentage: 0, Anzahl der Risse in den Segeln: 3, ausgetauschter Generator-Impeller: 1, Sekt: 3 Flaschen, plus jede Menge köstlicher Mahlzeiten und hunderte gelesene Seiten. Von Mindelo nach Martinique – von tausenden Booten vor uns gesegelt, aber für uns ein Meilenstein. Obwohl es sich um eine viel befahrene Route handelt, geht aber nicht automatisch jede Reise gut aus: Der kleine Rettungsring am Foto zeigt die Stelle, an der vor ein paar Wochen ein polnischer Segler über Bord ging und nicht mehr geborgen werden konnte.

 

 

Mindelo ist die größte Stadt der Kapverden, die riesige geschützte Bucht macht die Stadt automatisch zu einer Drehscheibe zwischen Europa, Afrika und Amerika. Auf den ersten Blick fühlt man sich wie in einer westlichen Großstadt:

Eine lange, saubere Promenade, Cafés, Geschäfte (auffallend viele Optiker, offenbar sehen die Kapverdiander alle schlecht), WLAN, Eissalons,

Kreuzfahrtschiffe.

Ein Wandertag auf der Nachbarinsel San Antao

hat uns allerdings gezeigt, dass die Leute normalerweise ein ganz anderes Leben leben:

Einfachste Hütten auf steilen Hängen, keine Rede von WLAN und Eissalon, sondern tägliches flicken der Bewässerungsrohre, hoffen auf Regen und auf staatliche Unterstützung. Auf den „grünen“ Inseln wie San Antao kann man immerhin auf den eigenen Gemüsegarten zählen, auch auf Zusatzeinkünfte durch – seit Kurzem – Kaffeanbau (köstlich – leider habe ich nur ein halbes Kilo gekauft) und Zuckerrohr. Das Zuckerrohr wird an Ort und Stelle zu unvorstellbar

schrecklichen Schnäpsen und Likören verarbeitet, auf die die Touristen – wie ich – dann doch hin und wieder reinfallen und damit die Familie des Besitzers einer der vorsintflutlichen Destillerien ein paar Tage über die Runden bringen. Jedenfalls dürfte der Schnaps gut für die Schönheit sein, denn die Attraktivität der Bewohner ist auffallend: Meist groß und schlank. Ur-Kapverdianer gibt es nicht, Portugal benützte die unbewohnten Inseln als Börse für afrikanische Sklaven, die nach Amerika verkauft wurden. Diejenigen, die jetzt die Bevölkerung des Staates bilden, sind die Urenkel und Ururenkel derer, die damals nicht verkauft werden konnten und daher zurück blieben. Wahrscheinlich waren das die Dünnen – die  Nachkommen der Kräftigeren leben jetzt wohl in Amerika. Schattenseiten gibt es auf den Kapverden natürlich auch, die lassen wir aber im Schatten.

 

 

 

 

Wir hatten uns eigentlich auf die Marina Mindelo

gefreut, sie ist die einzige auf den Kapverden. Ziemlich neu, mit deutschem Management, das klingt gut.

Den schrecklichen Schwell kann aber auch das deutscheste Management nicht wegorganisieren. Alles schwankt, schon beim ersten Betreten der Stege denkt man daran, Tabletten gegen Seekrankheit einzunehmen. Wir blieben deshalb bis zur Ankunft von Roswitha und Bruno am ruhigen Ankerplatz und fuhren ständig mit dem Beiboot hin- und her um zur Wäscherei, zu den Supermärkten, zum Bankomaten und zu den tollen Scampi-Spaghetti der Marina-Bar zu gelangen. Jedenfalls waren wir deshalb zu Beginn der Atlantiküberquerung müder als nach den 13 Tagen auf See. Also war die Abfahrt am 18. Dezember dann eine richtige Erlösung, weg von der Steg-Schaukelei, raus auf die offene See, wo es auf eine ganz andere Art – jedenfalls viel sportlicher – schaukelt!

 

 

Als „Gastautorin“ wird Roswitha nun schildern, wie sie die Reise auf Columbus‘ Spuren erlebt hat. Yin Yang einmal von auswärts betrachtet !

 

Eine Atlantiküberquerung – Warum macht man so etwas?

 

Von Roswitha Gattringer

 

Wenn ich voller Vorfreude, dass Bruno und ich in einem Segelboot mit Bekannten den Atlantik überqueren möchten, erzählte, waren die Reaktionen meines Umfeldes sehr unterschiedlich. Von  Menschen, die mich für verrückt oder wahnsinnig hielten über die Besorgten – „Kommt ja gesund wieder“ bis hin zu jenen die es total cool und geil fanden. Ja, und was waren meine Beweggründe? Einerseits die Leidenschaft zu segeln, andererseits die Herausforderung zu meistern, die solch ein Abenteuer mit sich bringt. Natürlich ist sie da, die Stimme, die sagt: „Was, wenn Sturm aufkommt? Was, wenn das Boot kentert? Was, wenn Du nachts da draußen alleine Wache hältst und irgendetwas passiert? Was, wenn Du über Bord gehst?“ Darauf hatte ich immer diese eine Antwort in mir: Ein Sternenhimmel, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Wind in den Haaren und auf der Haut. Sich fort zu bewegen im Rhythmus von Wind und Wellen. Weg von diesen ständigen Ablenkungen irgendwelcher Sinneseindrücke, weg von Internet und Handy! Sich wieder einmal zurücknehmen, auf wesentliche Dinge reduzieren und konzentrieren. Außerdem blickt Poldi auf eine Segelerfahrung von über 30 Jahren zurück und ist schon einmal über den Atlantik gesegelt. Als ehemaliger Pilot beim Bundesheer und als Ballonfahrer ist er auf Sicherheit getrimmt. Das erweckt Vertrauen. Und vor allem das Gefühl von „Losgelöst sein“ und Freiheit! Ja das waren meine Beweggründe. Als wir am 16. Dezember in Mindelo eintrafen, waren so gut wie alle  Vorbereitungen getroffen. Das Wetter war vielversprechend und so hieß es am 18.12.2017 um 12:00 Uhr : Leinen los!

Jetzt ist es Realität – Wir segeln los! Kann es noch gar nicht wirklich glauben – kann mich mal jemand kneifen? Wenn Träume wahr werden! In vielen Segelbüchern habe ich gelesen – Ja die Atlantiküberquerung, da setzt Du den Ballooner und der Passatwind zieht dich bis in die Karibik. Ganz so spielte es dieses Wunschkonzert für uns nicht, für einen erfahrenem Skipper, eine Bordfrau mit vielen Seemeilen im Logbuch und zwei Mitseglern, die Segelerfahrung sammeln wollen, hielt dieses Abenteuer einige Herausforderungen parat.

 

 

Die Luft hier draußen am Meer, das tut soooo gut! Alsbald stellte sich auch die erste Delphinschule als Reisebegleitung ein. Sehe es als ein besonders gutes Zeichen. Dann von 00:00 – 3:00 meine erste Nachtwache. Ja die Nachtwachen. Hier steckte meine größte Angst. Des Nachts alleine da draußen zu sitzen und Wache zu halten. Letztendlich erwiesen sie sich als größtes Geschenk. Ein Boot unter mir das sich sicher und zielstrebig seinen Weg, sanft hin und her schaukelnd, und auf und ab wiegend, durch die Nacht

bahnt. Das vertraute „Geklappere“ im Rigg, das  Schlagen der Wellen an die Bordwand, warmen Wind in den Haaren und auf der Haut. Über mir ein toller Sternenhimmel, ein Mond in einer bis dato nicht gekannten Leuchtkraft und Intensität, der die Nacht erhellte. In manchen Nächten so hell, dass Du alles rund herum klar sehen und wahrnehmen konntest, so als wäre der Tag bereits angebrochen. Die meiste Zeit fühlte ich mich sicher und geborgen und schlief wie ein Murmeltier. Wie kann man sich auf einem 16m Boot inmitten so einer Riesenfläche Wasser geborgen fühlen? Wie kann man bei dem „Gewackle“ und dem Lärm wie ein Murmeltier schlafen? Es ist dieses Wiegen und hin und her Schaukeln, wie ein Embryo sich fühlen muss, wenn sich die Mutter bewegt? Es ist dieses „Gluckern“ und „Tosen“ des Wassers, das Heulen und Pfeifen des Windes, wie es sich anhören muss, wenn ein Embryo die Geräusche der Verdauung und von außen wahrnimmt? Im Bauch der Yin Yang ist es wie im Schoß einer Mutter – das ist für mich  Geborgenheit und lässt mich friedlich schlafen.

 

 

Der Atlantik, die meiste Zeit zeigte er sich in langen Wellenbewegungen sanft auf und ab bewegend, so als würde er ruhig schlafend aus und ein atmen. Wellenberge von bis zu 7m machen einem in so einem Boot keine Angst. Auch Spitzen von über 35 Knoten Wind nicht. Wenn man die Augen schließt und Yin Yang legt wieder einmal ihren eleganten „Hüftschwung“ hin, wenn sie eine Welle seitlich beginnt hochzuheben und sie dann auf der anderen Seite rasant ins Wellental gleiten lässt, erinnere ich mich ans „Rollerball fahren“ im Prater, das ich als Jugendliche so sehr liebte. Einfach herrlich! Dann war da die Zeit der Squalls, die uns doch einiges an Segeländerungen -wechsel, an Reffen und besonders schnellen Entscheidungen des Skippers abverlangten. Das Gute daran, besonders diese eine Nacht wo gleich mehrere Squalls hintereinander über uns hinwegfegten, verging die Zeit wie im Flug. Die letzten Tage legte Yin Yang eine regelrechte Rauschefahrt hin, es schien als wolle auch sie endlich ankommen.

 

 

Bis - als uns nur noch 30 SM von Martinique trennten

- uns plötzlich Gegenwind und heftiger Regen entgegen schlug. Das heißt kurz aufkreuzen und mangels Wind dann motoren und die verbleibende Zeit wurde gleich doppelt so lang und ließ uns zappeln. Aber am 31.12.2017 um genau 18:38 hieß es Land in Sicht! Und nach 13 Tagen und 9 Stunden auf See fiel der Anker in einer Bucht vor Martinique um 21:45 MEZ .  Angekommen!!!!

Jetzt ist es geschafft. Die Tage auf See vorbei. In die Freude über das Ankommen, es geschafft zu haben, dass alle gut und heil sind, mischt sich mit Nostalgie des Gewesenen – was bleibt ist die Erinnerung. Und wenn ich die Augen schließe ……… dann bin ich wieder dort – auf der Yin Yang mitten am Atlantik!

 

 

 

Danke an Roswitha für ihre so persönliche und emotionale Schilderung, Yin Yang müsste ja erröten wegen der Komplimente – tja, wir sind alle vier immer noch auf dem Schiff, aber kein hin- und her-Wiegen , keine romantischen Nachtwachen mehr und das Mondlicht verflüchtigt sich hier hinter dem Lichtermeer von Le Marin. Es ging uns so wie den meisten Atlantiküberquerern: Man braucht eine Weile, um zu realisieren, dass die große Sache, über die man so lange geredet hat, nun vorbei ist. Der Silvestersabend 2017 war aber genau der richtige Moment, um anzukommen: ein herrliches Silverstermenue (danke, Bruno), Donauwalzer, Feuerwerke am Ufer.

 

Zwei Sachen möchte ich Roswithas Schilderungen noch hinzu fügen: Erst einmal die Rettung einer kleinen Seeschwalbe.

Sie flog uns mitten in der Nacht zu und sah erst so aus als ob sie einen gebrochenen Flügel hätte. Nach ein paar Stunden im Yin Yang Hospital fühlte sie sich aber

schon besser und suchte angesichts der Fischmahlzeit, die man ihr zum Frühstück reichen wollte, das Weite.

 

 

Zweitens möchte ich einmal mit dem Vorurteil

aufräumen, dass  man sich beim Segeln nur von Spaghetti und Raviolidosen ernährt. Wir hatten reihum Küchendienst und haben jeden Tag etwas

Besonderes gekocht : Zuerst einmal natürlich Goldmakrele in diversen Varianten, dann zum Beispiel frisch gekochte Semmelknödel mit Kalbsragout oder

Ratatouille mit Süßkartoffelpüree oder oder... Natürlich muss man beim Kochen äußerst flexibel bleiben – sich mit zwei Händen festhalten und mit der dritten Zwiebel schneiden, Töpfe festhalten und gleichzeitig den Kühlschrank und den sich darin befindlichen Rahm öffnen, dazu nebenbei dem Skipper ein Bier reichen – aber daran gewöhnt man sich.

 

 

 Inzwischen sind wir in der Marina Le Marin – da möchte man der Besitzer sein: Tausend Liegeplätze, aber eine unendliche Warteliste von Booten, die an den Steg wollen. Es war nicht einfach, einen Platz zu bekommen, gestern gelang es schließlich und wir genießen die Anfangsrituale in einer Marina: den wochenlang gesammelten Müll zu den Containern bringen, die Waschsalons glühen lassen, Amel wegen des Genuagetriebes kontaktieren und – ja natürlich – endlich Internet. Und Pizza. Und frisch gezapftes Bier. Und Konditorei (passenderweise direkt neben Amel). Es geht uns gut hier in Martinique, wenngleich die Preise alle unsere Erinnerungen an das Preisniveau in der Karibik übertreffen. Trotzdem werden wir vermutlich ein paar Wochen bleiben, Roswitha und Bruno fliegen nächste Woche nach Hause und wir beide schwitzen so lange karibisch, bis alles erledigt, eingekauft und repariert ist, was wir Richtung Panama nicht mehr bekommen und organisieren können. Wir sind per Mail erreichbar – in der Marina ist immerhin eine halbe Stunde WLan am Tag gratis – SMS geht preislich gerade noch, aber bitte keine What’s app mit Fotos oder Videos! Wir freuen uns sehr über jede email und melden uns dann auf der homepage Ende Jänner wieder!

 

 

 

 

 

 

 

Summary Atlantic crossing

 

After flying back to the boat in Lanzarote mid-October we stayed in the Canaries until December 3rd visiting Lanzarote, Fuerteventura, Gran Canaria, Tenerife and La Gomera. In Tenerife we restocked our supplies with the help of a friend who lives there and who generously drove us to all those great malls and supermarkets – shopping in Spain is pure delight!

The island we liked most was La Gomera, it has a small and cosy capital with a marina in the city center, mountains, woods, hiking paths and a great fruit market.

 

There are two popular ways to cross the Atlantic: Either directly from the Canaries to the Caribbean , (that’s about 2600 nautical miles) or at first going south for 800 nautical miles to the Cape Verde islands, having a break there  and then turn west for 2100 miles. This was our choice because the friends who wanted to do the crossing with us flew into Mindelo, the town with the only marina on the islands. Cape Verde is an independent state and used to be a part of Portugal unless 1975.

We only got to know two islands, mountainous and impressive. A  hike with an organized group showed us a lot of  the people’s lifestyle and the vegetation. The Capverdians are very handsome people. My husband assumed that’s because their forefathers were the slaves that where to thin and tiny to be sold to America and therefore had to stay on the islands. (Mindelo has been the worldwide largest slave trading place) In fact they are tall now, but slim and supple – if you see them dancing you feel really clumsy.

 

Well, the great adventure started on December 18th after having checked several times that the weather would stay stable. By the way the season for crossing the ocean extends from end of November to March, the hurricane-free months with reliable trade winds pushing you towards the west. In fact we had good weather, always enough wind but not too much, blowing from behind which makes sailing rather comfortable. Reducing our comfort was the fact that our headsail furler gear box was broken – it broke already a few hours after we left the Canaries – and we had to operate it on an improvised matter by hand.

It seems that all the boats have some technical outrages during the crossing, everyone can tell stories . For us he fate had planned this headsail problem, a few worried hours with  generator problems ( thank god my husband can fix everything!) and two cracks in the ballooner, that’s kind of a spinnaker sail which we missed a lot because it already happened after a few days. Without those cracks we might have been a day  faster, but since we were not in an Atlantic rally (there are a lot of them, also rowing,  look at the picture) it was alright and we arrived in Martinique after 13 days and 9 hours, a few hours before midnight on new year’s eve! Champaign this year tasted like never before! We were neither tired nor worn out in any way, because if you are a crew of 4 you always get some sleep. We did three-hours-watches. Nowadays during your watch you don’t stare outside  all night any more to look for obstacles. It’s mainly controlling the screens which show all the necessary indications and waking up the skipper in case something looks dubious. We also had turns in cooking and doing the dishes. Everyone tried to give his best and for that reason we had the greatest meals, including the six fish we caught.

But I have to admit that cooking is not always a pure pleasure: You would need five hands to hold the objects, cling yourself to a handle and watch the pans. The boat has a very special kind of moving. Our guest Roswitha describes this quite strikingly in her contribution to our blog (it’s the part  in italics, you could try to translate it with a Google tool).

We are in Martinique since three weeks now. We are in the marina Le Marin because there is an AMEL workshop here and together with them we should be able to fix the furler’s gearbox. By coincidence there are a few Amels here with the same problem and Amel is now having a hard time  to get spare parts, especially for the older boats. It’s a real Amel family meeting in this marina. The outlet , the only one outside France, attracts the boats and it is a lot of fun to meet people in reality that we have only known from postings on the Internet forum so far. 

 

I will write a new blog end of January and I promise that I will do an English summery right away. Meanwhile we are sweating here is this damp climate and  I don’t know if I should envy you or feel sorry for you  after having read about the Iowa weather in the last weeks!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mindelo / Kapverdische Inseln 

10.12.2017

 

Die Zähne der Yin Yang

 

 

 

Zehn Tage lang hat uns die ungewöhnliche Südströmung in La Gomera festgehalten – wir danken ihr herzlich dafür, denn die Insel ist bezaubernd und wir hätten viel versäumt, wenn wir gleich Richtung Süden weiter gesaust wären! Bei der Überfahrt nach Mindelo war der Wind dann optimal, so waren die 810 Seemeilen (1500 km oder Wien - Liverpool) in fünf Tagen und 6 Stunden zu schaffen.

Um einen Überblick über La Gomera zu bekommen,

verbrachten wir einen der ersten Tage mit "Sightseeing“ im öffentlichen Bus und reisten für 3 Euro quer über die Insel zum berühmten Valle Gran Rey, der ehemaligen Hippie-Hochburg . Der Bus braucht – auf recht gut ausgebauten Straßen – für

20 km Luftlinie 40 Straßenkilometer und fast zwei

Stunden! Vorbei an atemberaubenden Schluchten und  skurrilen Felsformationen geht es in engen

Serpentinen hinauf zu schläfrigen Bergdörfern und zu den berühmten Lorbeerwäldern.

Zu unserer Freude besuchten uns Angela und Franz

(unsere niederbayrischen Freunde, siehe vorige Berichte) mit ihrem Kat und wollten, ebenso wie ich, wandern. Ein wahres Vergnügen auf den gut ausgeschilderten Wegen in La Gomera! Der höchste Berg der Insel war zu besteigen – mit Rundumblick zu den anderen kanarischen Inseln, immer den wolkenumkränzten Teide im Blick – die Lorbeerwälder (Veilchen und Schmetterlinge im Herbst) waren zu durchwandern und schließlich überquerten wir zwei Täler nach Valle Hermano , einem sehr gepflegten und ruhigen Luftkurort. Mit erwähnenswert gutem Cappuchino nebenbei bemerkt.

Die Hauptstadt San Sebastian, wo wir die sehr freundliche und zentral gelegene Marina empfehlen können, ist mit ihrem palmenbeschatteten Hauptplatz nicht nur gemütlich, sondern hat auch touristisch Einiges zu bieten.

Abgesehen vom Dauerbrenner Columbus gibt es eine schöne Kathedrale  mit mittelalterlicher Holzdecke,

alte Bürgerhäuser mit kanarischen Balkons und nicht zuletzt zu unserer Überraschung eine große Feier zum ersten Advent, mit Christkind und Big Band.

Auch der Sport kommt nicht zu kurz: Jedes Jahr

im Dezember startet hier die „atlantic challenge“, ein Ruderbewerb über den Atlantik. In high-tec

Ruderbooten plagen sich die Teams- zwischen einer und vier Personen- in die Karibik, der bisher schnellste brauchte dazu 35 Tage, es kann aber auch bis zu

100 Tage dauern. Im „Fahrerlager“ darf man den ca 20 Teams, darunter zwei Damencrews, bei den Vorbereitungen zuschauen und sich mit ihnen unterhalten. Poldi hat mich dorthin geschleppt mit dem Ziel, dass ich dann immer schön dankbar bin für den Komfort auf einem Segelboot!

Aber alles hat ein Ende, auch der Südwind – also Abfahrt Richtung Kapverden am Sonntag, 3. 12.   12.00 Uhr. Die genaue Uhrzeit hat praktische Gründe: Das „Etmal“ ist so am leichtesten auszurechnen – das Etmal sind die von 12h bis 12h zurückgelegten Seemeilen. Vorweg: Unsere Etmals entsprachen ziemlich genau den Vorhersagen des Computerprogramms, der Wind blieb gleichmäßig wie erwartet, über den Wetterbericht war diesmal nicht zu klagen. Probleme machte uns eher wieder die Technik. Fünf Stunden nach der Abfahrt ließ sich das Vorsegel nicht mehr ein- und ausrollen, der E-Motor schnurrte zwar, aber das Getriebe wollte nicht mehr.

Poldi meinte, es sei wohl ein Zahn am Zahnrad beschädigt. Kein Wunder, wir mussten beide auf den Kanaren zum Zahnarzt – Poldi in Lanzarote und ich in Gomera – da wollte sich die Yin Yang nicht hinten anstellen. Aber Spaß

beiseite, mühsam war es schon, Poldi fand im Amel-Handbuch eine Anleitung, wie man die Genua händisch mit einem Leinensystem bewegt, das funktionierte auch, aber ein wenig umständlich und nicht so easy wie es in der Beschreibung erscheint. 

Auf den Kapverden werden wir das Getriebe nicht reparieren können, da kann uns wahrscheinlich nur die Amel-Basis in Martinique mit Ersatzteilen aushelfen.

Zum Glück war der Wind so gleichmäßig, dass das Segel nicht oft gerefft werden musste.

Kaum hatten wir uns mit dieser Situation abgefunden, wartete zu mitternächtlicher Stunde schon die nächste Herausforderung. Plötzlich konnte unser allzeit gelobter und bewunderter neuer hydraulischer Autopilot den Kurs nicht mehr halten und wollte uns Richtung Afrika schicken. Detektiv Leopold fand nach zehn Schreckensminuten aber zum Glück den Grund. Schuldig zu sprechen waren die beim Umbau wiederverwendeten selbstsichernden Muttern am Ruderquadranten. Sie hatten sich gelöst, der Autopilot kann also überhaupt nichts für sein Versagen. Eine neue, bessere Verschraubung, in einer viertel Stunde erledigt, sollte das Problem ein für allemal aus der Welt schaffen. Und der Vorsatz natürlich, dort ( unter

unserem Bett) öfter zu kontrollieren.

 

 

Parallel zu all dieser Action darf man sich dann noch die Schiffsbewegungen vorstellen. Immer wenn der Wind mehr von hinten als von der Seite kommt, taumelt man herum wie betrunken und bräuchte ständig vier Hände. Eine zum Anhalten und drei zum

Kochen, zum Am- Computer- Arbeiten, zum Duschen und zum Fischen und Fisch-Zerlegen natürlich!  Sechs arme Goldmakrelen mussten diesmal dran glauben und landeten in Pfanne und Tiefkühler.

 

 

Als die Wellen am Donnerstag dann etwas geschmeidiger wurden und Ruhe ins Schiff kam – oder gewöhnt man sich daran? – stand die Republik KapVerde auch schon vor der Tür und Poldi schritt zur Zeremonie des Flaggenwechsels: Spanische runter,

Kapverdische rauf, ebenfalls die gelbe „Q“, die man erst entfernen darf, sobald man ins Land einklariert hat. Die spanische Fahne war auf ihrer Seefahrt von

Menorca hierher  zu einem zerfetzten Stoffrest verkommen, sie hat Einiges gesehen und erlebt, vielen Dank an Spanien, unsere Heimat in den letzten sechs Monaten!

 

Mindelo, das Wirtschaftszentrum mit dem größten Hafen der Kapverden, ist , soweit wir das nach einem Tag beurteilen können, eine recht nette Stadt mit allem Drum und Dran, einigen alten Häusern, vielen Geschäften, Lokalen, Banken und zum Glück auch guten Eissalons. Und vor allem mit einem Bistro in der Marina, das einen äußerst begabten Koch beschäfigt. Davon werden wir uns hoffentlich noch mehrmals zwischen Reparieren, Putzen und Waschen in den nächsten Tagen überzeugen können, bis Roswitha und Bruno am 16.12. eintreffen und wir uns dann wieder auf die – hoffentlich nicht allzu wackelige – Weiterreise nach Martinique begeben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

La Gomera/Kanarische Inseln

26.11.2017

 

Hoch hinauf und tief hinunter

 

 

Segeln zwischen den kanarischen Inseln ist eine neue Erfahrung für uns. Es gibt nur wenige Ankerplätze, wo man schnell einmal gemütlich übernachten kann, aber die Marinas sind billiger als im Mittelmeer. Charterboote trifft man nur wenige,  zielstrebige Fahrtensegler überwiegen und die haben jetzt im Herbst alle nur ein einziges Ziel vor Augen: die Atlantiküberquerung. Man trifft  hier aber auch freundliche Waldviertler und stößt überall auf die Spuren von Columbus.

 

 

Unser Weg durch die kanarischen Inseln:

 

Fuerteventura

 

Seit unserem letzten Bericht haben wir Einiges kennen gelernt: Von Lanzarote aus ging‘s nach Fuerteventura, dann weiter in den Süden von Gran Canaria, dann nach Teneriffa und derzeit liegen wir in der Marina La Gomera.

Fuerteventura ist sandig und trocken und hat als einzige Insel schöne, breite und helle Strände. Hierher hat es auch unsere Waldviertler Segelfreunde Gerhard und Anni, die sogenannten „Lu’s“, auf Urlaub verschlagen. Sie 'probieren' seit einigen Jahren die Inseln  'durch' und  wir durften sie zu einem Badeausflug auf unserer Yin Yang einladen.

Wir haben auf dieser eher ruhigen und dünn besiedelten Insel zwei Orte und Marinas kennen gelernt: Gran Tarajal,  ein freundlicher Ort mit wenigen Touristen und einer angenehmen Marina ohne Luxus,  und Morro Jable, wo die Gästestege innerhalb des Hafens unbewacht in der äußersten Ecke liegen, ohne Strom und Wasser, mit fragwürdigen Moorings und ohne Hilfe beim Anlegen. Aber voll ist der Hafen trotzdem, wir mussten uns 10 Tage vorher in einem komplizierten Verfahren übers Internet anmelden und bereits alle Papiere mitschicken. So ist das halt bei den staatlichen (und auch recht preisgünstigen) Marinas, an deren Bürokratie man sich gewöhnen muss. Eines haben sie jedoch  mit den privaten gemeinsam: Die Öffnungszeiten der Marinabüros widersprechen jeder Logik: Zur Hauptankunftszeit der Segler (und natürlich auch der Motorboote), das ist so zwischen 16 und 19 Uhr, sind fast alle Büros schon geschlossen. Auch die Mittagspausen sind nicht gerade kurz, man muss schon gut organisiert sein, um den Timeslot zum Bezahlen zu erwischen. Aber trotzdem besser als die hohen Preise im Mittelmeer!

Gran Canaria

Las Palmas ist die Hauptstadt der nördlicheren, trockenen Inseln (Lanzarote, Fuerteventura,Gran Canaria) und auch die Hauptstadt des Segelns in Spanien. Vor allem jetzt im November: Seit Jahrzehnten startet hier die ARC, die „Atlantic rally for cruisers“, eine gemeinschaftliche Atlantiküberquerung, an der jährlich an die 300 Boote teilnehmen. Inzwischen gibt es schon ca 10 solche Veranstaltungen. Diese wurden von einem Deutschen, der selbst teilnimmt und uns alles genau geschildert hat, „betreutes Segeln“ genannt. Da gibt es Seminare, Parties Ausflüge und gemeinsame Funkfrequenzen;  für die Kanaren und die Kapverden ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Die Marina Las Palmas nimmt schon ab Sommer keine Reservierungen mehr entgegen und sogar ihre Dauermieter werden für diesen Zeitraum in andere Marinas „ausquartiert“.

Wir haben deshalb erst einmal eine Marina am anderen Ende der Insel anvisiert – Puerto Mogan- aber es ist beim Anvisieren geblieben! Nach einer schönen Überfahrt von Morro Jable haben wir erst einmal in der Nähe von Maspalomas unterhalb eines Golfplatzes die Nacht verbracht. Die ersten Anrufe von dort aus nach Mogan wurden sehr ausweichend beantwortet. Als wir dann  einige Tage in Arguineguin vor dem Hafen  ankerten, also bereits in der Nähe waren , wurden die Antworten schon ein wenig direkter und ablehnender – aber man soll die Hoffnung nicht aufgeben, so blieben wir schließlich einige Tage vor der Hafeneinfahrt und fuhren mit dem Schlauchboot ins Marinabüro. Aber dort half auch kein Bitten und Klagen, wir haben keinen Platz bekommen.

Wir wollten eigentlich hauptsächlich deshalb in den Hafen, weil wir einen Großeinkauf geplant hatten (letztes Mal günstig Einkaufen vor der Karibik) –aber was soll man machen- wir  fuhren  statt dessen mit dem Autobus Sightseeing  nach Las Palmas, unter Anderem auch, um die Passauer Seglerkollegen Angela und Franz ( ja, derjenige, der unsere Klimaanlage gerettet hat, siehe Beitrag vom  August) zu treffen und gemeinsam die Kathedrale und das Columbus Museum zu besuchen.

Die Busfahrt entlang der Ostküste brachte die Bestätigung, dass man es auf dieser Insel mit dem Fremdenverkehr etwas übertrieben hat – bis hoch hinauf in die felsigen Täler kleben die seltsamsten Blüten der Tourismus-Architektur, hauptsächlich bevölkert von betagten Skandinaviern und Engländern. Der Norden der Insel soll sehr schön und grün sein, aber wir konnten uns dafür keine Zeit mehr nehmen, erstens mangels Liegeplatz und zweitens, weil bereits die Versprechungen Teneriffas lockten…….

Teneriffa

 

Zwei Dinge waren es vor allem, die uns nach Teneriffa getrieben haben:  ein telefonisch in Aussicht gestellter  Liegeplatz  in der Marina San Miguel   und wieder ein  Waldviertler, der am Steg in Ottenstein sogar unser Liegeplatznachbar war. Er lebt mit seiner Familie im Sommer in Krems und im Winter in Teneriffa und hat  uns mehr als tatkräftig unterstützt.  Zwei Tage  Großeinkauf und eine Rally durch den Süden der Insel, um für unseren Honda-Beiboot-Außenborder Zündkerzen zu kaufen. Vielen herzlichen Dank Erich!

Es wäre aber nicht Teneriffa, wenn man nicht den höchsten Punkt Spaniens, den Teide näher in Augenschein nehmen würde!  Auch das haben uns Erich und Lidia ermöglicht und uns quer durch den trockenen, aber eindrucksvollen Nationalpark in ihre Heimatstadt Puerto de la Cruz chauffiert.  Nicht ganz ohne Erlebnisfaktor: Nach der Fotopause in 2000m Höhe wollte die Elektronik des BMW nicht mehr und die Herren mussten zum Anspringen schieben- man würde nicht glauben, wie schnell man auf dieser Höhe ins Schnaufen kommt!

Puerto de la Cruz ist herrlich gelegen, zwischen Meer und (manchmal auch schneebedeckten) Bergen, umgeben von Grün - eine Farbe, die wir schon wochenlang vermisst hatten.

In Teneriffa waren wir  jedoch nicht nur ganz hoch oben, sondern auch ganz tief unten: Unsere erste

U-Boot-Fahrt! Nein, Poldi hat nicht in der Pension bei der spanischen Marine angeheuert, wir haben uns in dieses "yellow submarine" getraut und eine Stunde lang mit einer Gruppe anderer Touristen die Unterwasserwelt hautnah erlebt.

Columbus war übrigens auch in Teneriffa, er berichtet begeistert über einen Vulkanausbruch, über seine Erfahrungen mit dem U-Boot ist allerdings nichts überliefert.

 

 

 

 

 

Rochen, Trompetenfische und riesige Schwärme von Fischen, deren Namen wir schon vergessen haben, drückten sich neugierig die Nasen an den Fensterscheiben des Bootes platt. Bis zum Meeresgrund auf 27 Meter waren wir unten, ein wirklich schönes Erlebnis.

 

 

 

 

 

 

Das sind Madame Kapitän und der erste Offizier des

U-Bootes. Die beiden wurden von zwei Führern unterstützt, die die Unterwasserwelt in mehreren Sprachen erklärten.

 

 

 

 

 

La Gomera und Künftiges..........

Seit zwei Tagen sind wir nun in La Gomera. Der derzeit vorherrschende, ungewöhnliche Südwind hat uns in die Marina San Sebastian gebracht, wo es uns ausnehmend gut gefällt. Es ist  alles sehr fein hier - nicht nur, weil wir auf unser Mail mit der Anfrage nach einem Liegeplatz sofort eine positive Antwort erhielten und die Dame im Marinabüro immer gut aufgelegt mit den Herren scherzt- es ist auch eine ausnehmend herzige Stadt.

Und wer hat sich hier lange aufgehalten? Columbus natürlich. Wir haben gestern den Brunnen besichtigt, wo er das Trinkwasser für die Überfahrt mit seinem Schiff Pinta geschöpft hat und sind am Haus vorbei gegangen, wo er die Herrscherin der Insel angeschmachtet hat. Leider hatte diese aber einen Gatten. Der wurde zwar später ermordet, davon hatte Columbus allerdings nichts mehr.

Weitere Geschichten aus La Gomera gibt es dann das nächste Mal. Nach einigen Tagen auf dieser "grünen" Insel und  vielleicht ein paar Wanderungen in den Wadeln wird sich der Wind hoffentlich in die andere Richtung  drehen, damit wir unsere einwöchige Reise zu den Kapverden in Angriff nehmen können. Von dort melden wir uns wieder!

 

 

 

 

 

 

 

 

02.11.2017 Arrecife, Lanzarote

 

Langsam kommen wir in Fahrt! 

 

 

 

 

Sechs Wochen Heimaturlaub- da dauert es schon eine Weile, bis  Schiff und Mannschaft  umgewöhnt sind! Wir beide haben uns  zwar rasch wieder  an den dezent-unauffälligen Geschmack des kanarischen Biers angepasst, Yin Yang hingegen war noch etwas bockig. Verwöhnt vom faulen Leben in der Marina und bedeckt von einen schützenden Schicht afrikanischen Sands wollte sie noch eine Weile ruhen, was wir ihr auch großzügig gewährten. Jetzt, nach zwei Wochen in der wunderschönen Marina in Arrecife und einer Woche am Ankerplatz im alten Hafen der Stadt, kehrt langsam wieder Normalität ein und wir planen, morgen weiter zu segeln.

Wir hatten eigentlich nicht vor, nach unserer Rückkehr noch zwei Wochen in der Marina zu bleiben, aber ähnliche Fügungen wie die Geschichte mit der Ankerkette in Sizilien haben uns wieder einen längeren Aufenthalt zu reduziertem Preis beschert. Diesmal war es eine neue Rettungsinsel, die statt nach drei Tagen nach drei Wochen geliefert wurde. Unser gutes altes Stück wurde im August zum "Pickerl" in die Marina-Werft gebracht, hat selbiges aber leider nicht mehr bekommen. Also bot man uns - nicht einmal billig - eine neue Insel an, die in Gran Canaria zur Verfügung stand. Drei Wochen hat sie von Las Palmas nach Lanzarote gebraucht - da könnte man sie herüber rudern! Die Wege von Speditionen sind manchmal wirklich unergründlich.

 

Die Wartezeit wurde von Poldi genützt um einen hydraulischen "Zweit" Autopiloten einzubauen. Grund dafür:  Die Erlebnisse von Seglern, deren Autopilot auf Überfahrten streikte, was bedeutet, dass immer händisch gesteuert werden muss. Bei einer Zweiermannschaft ist das nicht lustig ! Also wurden die Teile noch im August bei Marco, dem Lanzarote-Mann der Firma Garmin bestellt und jetzt in  vielen Arbeitsstunden eingebaut. Dafür waren nicht nur die teuren elektronischen Teile nötig, sondern auch einige Flüche und diverse Biere (es gab noch eine Packung kräftige italienische auf Lager), viele  Kabel und Hydraulikschläuche und  einige Fachgespräche mit Marco, den wir  bei diesem Projekt wirklich  schätzen lernten. Dazwischen lagen noch  ungezählte Tage  im "Urlaub" zuhause - die mein  armer Mann in der Werkstatt verbracht hat, um die mechanischen Teile für den Einbau zu produzieren, während ich kreuz und quer durch die USA gereist bin, um mich von Freunden und Verwandten verwöhnen zu lassen. Dafür wurde er aber auch besonders belohnt , und zwar durch ein fettes Lob von Marco, der ihm bescheinigt hat, dass seine Einbauarbeit erstklassig sei - so etwas von einem Spezialisten zu hören, freut einen schon sehr.

 

Da ich auf Lob aus der technischen Abteilung ohnehin nicht zu hoffen brauche, musste ich mich auf das konzentrieren, was ich wirklich kann: Shoppen und ans Essen denken. Bergauf, bergab besuchte ich mit meinem Klappfahrrad alle Supermärkte, die bereit waren, direkt zum Schiff zu liefern. Auch das ist harte Arbeit: Kaufen wir den Weißwein bei Mercadona oder in der Vinothek, den Kaffee beim Lidl oder Interspar, die Putzmittel bei Hyperdino ?....Auch solche Entscheidungen brauchen Zeit und Muße. Schließlich aber wurden zwei Lieferwagen voller  "Reserven" auf und in die Yin Yang  gestapelt, eine Gelegenheit, die man nützen muss, solange man sich noch in Gegenden mit Marinas aufhält. Die Zeiten, wo alles Wichtige mit dem Beiboot zum Schiff gebracht werden muss, kommen bestimmt.

 

Aber auch sonst hat das Marinaleben seine ganz speziellen Reize. Die Kommunikationsfreudigkeit der  Crews aus den verschiedensten Ländern ist groß, besonders die Amel-Besitzer haben eine fast verwandtschaftliche Beziehung zueinander, jede neu eintreffende Amel wird rasch identifiziert, manchmal kennt man sich schon aus dem Amel-Forum (im Internet) oder man hatte sich schon einmal in einem anderen Hafen gesehen - dann ist es nicht weit zur Rundum-Umarmung. Besonders die Franzosen freuen sich, wenn man sich mit ihnen in ihrer Muttersprache unterhalten kann und - französisches Schiff hin , französische Kultur her- da muss man sich schon an Küsschen Backbord und Küsschen Steuerbord gewöhnen, auch wenn Poldi ob solcher körpernahen Solidaritäts-kundgebungen oft  zusammenzuckt. Spaß macht es aber doch, sich in fremden Cockpits beim Apéro in babylonischem Sprachgewirr über Motoren, Ankerplätze, Leinen im Propeller oder Fischrezepte zu unterhalten.

 

Neben dem Spaß dürfen aber auch die touristischen Pflichten nicht zu kurz kommen - und das heißt in Lanzarote: César Manrique, von Süd bis Nord, von Ost bis West.

 

Er war DER Architekt der Insel und hatte auch genug Einfluss, um zu verhindern, dass  auffallende Hotelbauten die Küste Lanzarotes verschandeln. Nachdem wir im August mit unseren Gästen schon den größten Teil der Insel kennen gelernt haben, ging es diesmal in den Norden zu den  Wohnhäusern Manriques. Als er 1992 bei einem Autounfall starb, hat man in seinem Privathaus und Atelier alles so gelassen, wie es am Morgen dieses Tages war und das Haus zum Museum gemacht. Die Figur am Foto ist natürlich eine geschickte Kopie, aber im Kleiderschrank kann man seine geschmackvolle Garderobe und in den tollen Bädern seine teuren Kosmetika bewundern. Ich hoffe nur, dass niemand auf die Idee kommt, das bei mir auch einmal so zu machen!  

 

Nächster Programmpunkt: Der Aussichtspunkt, den Manrique gebaut hat, um die Insel La Graciosa aus der Vogelperspektive betrachten zu können. Da wir sie ja ganz gut kennen (siehe letzter Beitrag), hat uns dieser Blick natürlich interessiert.

Beide Inseln sind von jüngeren (im Gegensatz zum "alten" Teide in Teneriffa) Vulkanausbrüchen geformt und geprägt, also steinig und trocken. Hin und wieder ein paar Flechten, mehr Bewuchs ist (noch) nicht zu finden. Man muss schon eine ganz besonders reduzierte Ästhetik lieben, um das wirklich schön zu finden ......aber trotzdem mag man   die Inseln und bei Sonnenuntergang starrt man  fasziniert auf die Silhouetten der Vulkane.

Gut geschützt durch die alte Mole und das Fort St.Gabriel  hat Poldi  an diesem ruhigen Ankerplatz  in den letzten Tagen all das erledigt, was man in der Marina nicht machen darf und soll:  Tauchen, um den Propeller von den Seepocken zu befreien und das Unterwasserschiff vom  Algenschleim zu säubern, sowie viele Metallarbeiten erledigen, bei denen die Späne fliegen - Optimierung der Rettungsinselhalterung, neue Befestigung für den Rettungsring, neue Auspuffrohre, damit die Außenwand durch die Auspuffgase nicht schmutzig wird, neue Einbruchsicherungen bei den Luken und einiges mehr.

Es hätte zwar nicht alles sofort und  auf einmal gemacht werden müssen, aber Poldis Einkaufsparadies namens "Inox Naval" bietet einfach so viel Verlockendes,  das verarbeitet werden muss.  Ein eindrucksvolles Geschäft mit kompetenten Leuten!

 

Trotzdem, oder gerade deshalb haben wir nun aber doch beschlossen,  morgen Richtung Fuerteventura aufzubrechen, es gibt noch weitere kanarische Inseln, die  besucht werden sollten, bevor wir Ende November zu den Kapverden aufbrechen wollen! 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

13.08.2017 Marina Lanzarote Arrecife

 

Vom Mittelmeer in den Atlantik.

Von den Affen zu den Vulkanen.

  

Wir melden uns  heute aus der Marina Lanzarote, dem Traum aller weiblichen SeglerInnen: Fünf Bekleidungs-geschäfte, ein Schuhgeschäft, eine Konditorei und ein Eissalon in 100 Meter Entfernung vom Schiff. Ist man bereit, 300 Meter  mehr zurück zu legen, eröffnen sich weitere Paradiese,unzählige Restaurants und Cafés

und jede Menge Plätze zum Stillen von Shopping-gelüsten.

Gibraltar, die letzte richtige Stadt auf unserer Reise, haben wir am 27. Juli verlassen, nicht, ohne unseren ersten Eindruck nach ein paar Tagen zu revidieren - die Stadt besteht nicht nur aus Hochhäusern, es gibt auch eine sehr adrette Altstadt mit  gemütlichen Lokalen und  die Bevölkerung besteht nicht nur aus übergewichtigen Engländern, nein, sie ist ein Mix aus spanischen Kellnern, mageren Juden mit Käppi, schwarzen Andenkenverkäufern und eben den wohlgenährten Briten sowohl als Touristen als auch als Einheimische. Der berühme Ausflug auf den Affenfelsen durfte nicht fehlen, bestens organisiert mit einem Kleinbus; in eineinhalb Stunden hat man sowohl eine sehr eindrucksvolle Tropfsteinhöhle als auch diverse Aussichtspunkte und Befestigungsanlagen sowie die lustigen und zutraulichen Affen (von kuscheligen Babies bis zu den coolen Opas, die sich selbstsicher über die Rucksäcke unvorsichtiger Touristen hermachen) erlebt. Der Besuch des besten Tapa-Restaurants rundete dieses touristische highlight ab. Wie überhaupt fast alle Gasthäuser dort spanisch sind, die Stadt ist zwar englisch, mit einem fast 50% Anteil an Spaniern, aber bei den  Restaurants ist das Verhältnis 90:10,  nicht schwer zu erraten, warum....

 

Aber irgendwann war auch für uns Schluss mit den Affen, die Tide der Straße von Gibraltar gibt einem ja in Kombination mit den Wetter-und Windvorhersagen den Abfahrtstermin vor. Sportboote müssen sich außerhalb  der Route der Berufsschiffahrt  aufhalten, also fuhren wir  bei wenig Wind mit Motor drei Stunden die spanische Küste entlang bis uns das Mittelmeer vor Tarifa als Abschiedsgeschenk noch einen schönen Thun an Poldis Angel hing, eine willkommene Ergänzung unserer  vorgekochten und eingefrorenen Mahlzeiten für die mehrtägige Überfahrt. Das Einfrieren ist eine Vorsorgemaßnahme bei längeren Strecken, da man ja nicht weiß, ob Wind und Wellen noch Lust aufs Frisch-Kochen machen. Diesmal wäre dies leicht möglich gewesen, denn wir waren wirklich mit äußerst angenehmen  Bedingungen gesegnet, am ersten Tag etwas zu wenig Wind, dann aber gleichmäßiger  Nordost-bis Nordwestwind (also von hinten) mit wenig Segelwechseln und  ohne unangenehmes Schaukeln, sodass man sich im Schiff normal bewegen und auch gut schlafen konnte.  Zu viert lässt einem die Wacheinteilung auch genug Schlaf, um die Ausblicke am offenen Meer zu genießen. "Immer nur Wasser" stellen sich die meisten Leute langweilig vor, aber wer Roswithas strahlendes Gesicht nach ihrer lebenslang ersten solo-Nachtwache mit Sonnenaufgang gesehen hat, weiß,  wie abwechslungsreich das "immer nur Wasser" sein kann.  Das Meer bewegt sich ja ständig und ist voller Leben - Delphine, Seevögel, fliegende Fische, manchmal auch unbeleuchtete Fischerboote, es wird nie fad. Bewegung auch auf unserer Angel: Nach viereinhalb Tagen  - diesmal als Begrüßungsgeschenk der kanarischen Inseln - hing eine riesige Goldmakrele auf der Angel. Stolz ließen wir vor der kleinen Insel La Graciosa im Norden von Lanzarote den Anker fallen, weder müde noch ausgelaugt, sodass wir uns nach den notwendigsten Putzarbeiten sofort ins Inselleben stürzen konnten.

La Graciosa als Kanarenbesucher  auszulassen, wäre ein grober Fehler! Die Insel sieht zwar karg und trocken aus, hat aber einen ganz eigenen Charme. Das kleine Dorf, in blau-weiß herausgeputzt und sauber bis zum letzten Sandkorn auf den ungeteerten Straßen, ist ein Naturschutzgebiet, auf dem es keine Autos gibt. Also auch für uns - alles 'per Pedes' und mit dem Rad. die eigenen Räder sollte man dort aber nicht verwenden, die Radwege - als solche gekennzeichnet aber in Wirklichkeit Trails wie in  einem MTB-Erlebnispark- können nur mit Mountainbike-Leihrädern befahren werden. Bruno, Roswitha und ich haben das Abenteuer gewagt. (Poldi als Bandscheibenoperierter hat zum Glück verzichtet) Erst einmal ging's über unglaublich stark quergerillte  Wege zu herrlich wilden Stränden mit tosender Brandung, wo man  eine Pause einlegen muss, um das durcheinander geschüttelte Hirn wieder irgendwie in Ordnung zu bringen. Dann führt der "Radweg" weiter in tiefem Sand, man hat das Gefühl, im Tiefschnee zu fahren, und wehe, man versucht zu bremsen... Ich hab's getan und landete kopfüber (aber weich) im Sand. Kein Bier der Welt hat jemals so gut geschmeckt wie das nach unserer Rückkehr ins Dorf!  Da dies aber noch nicht genug Aufregung war, erstiegen Roswitha und ich  mit unseren Passauer Nachbarn auch noch einen der drei (erloschenen) Vulkane der Insel, eine schöne aber vergleichsweise harmlose Tour. Mit Besuchen der Bayern auf ihrem brandneuen Katamaran, Gegenbesuchen und Arbeitsbesuchen (Franz als Landwirt mit Kühlhäusern hat das Problem unserer Klimaanlage sofort erkannt, es handelte sich nur um einen verstopften Filter. Warum das den beiden Profis in Almerimar nicht ein- und aufgefallen ist?) vergingen die fünf Tage in La Graciosa viel zu schnell und da unsere Besucher nur mehr ein paar Tage Zeit bis zum Heimflug hatten, beschlossen wir, die Insel Lanzarote vom Süden her zu erobern und fuhren die Westküste entlang  zur Marina Rubicon.

Die Marina Rubicon ist das Zentrum des Ferienortes Playa Blanca, erst ein paar Jahre alt, aber mit ihren schönen Bars und Cafés bereits  das  Flanierzentrum des Ortes. Das Publikum ist überwiegend in unserem Alter - herrlich, denn die Musik ist auch was für unsere Ohren! Am Abend live Gitarre und Saxophon, DJs mit 70ger-Jahre-Programm und um 23 Uhr ist Schluss. Für die Liegeplatzmieter gibt es einen eigenen Pool , wir mussten uns also ziemlich aufraffen, um wieder einmal einen Putztag einzulegen und schließlich auch noch zwei Sightseeing-Tage mit Mietwagen anzuhängen. Ein Glück, dass wir die Faulheit überwunden haben,  denn Lanzarote ist klein und man kann in zwei Tagen fast alles sehen. Allerdings erwies sich der Besuch des Nationalparks der Feuerberge  als nicht ganz einfach, denn derzeit ist aufgrund der spanischen Ferien Hochsaison. Die  Autoschlange beim ersten Versuch  war mehrere km lang, am zweiten Tag  aber waren wir schlauer als die spanische  Konkurrenz, die ja gerne etwas länger schläft und standen bereits eine viertel Stunde vor Öffnung vor der Einfahrt.  Ohne Verzögerung erwischten wir daher oben am Berg den ersten Tourbus. Durch den  Naturschutzpark darf man sich nämlich nur im offiziellen Rundfahrtbus bewegen und auch nie aussteigen. Dank der deutschsprachigen Führung haben wir viel Neues über die Vulkanausbrüche im 18.und 19. Jhdt erfahren und wurden auf die verschiedenen Lavaarten und -Farben aufmerksam gemacht . Östlich dieses stark frequentierten Besuchermagneten  sind die kleinen weißen, stillen Bergdörfer durchaus einen Stop und einen Café wert. Besonders gut gefallen hat uns aber die alte Hauptstadt Teguise mit einer wirklich einnehmenden Atmosphäre, die sicher nicht nur dem guten und günstigen Mittagessen und dem kühlen Rosé zu verdanken war. Da ich aber die einzige von uns vieren bin, die ein gutes Glas Wein zu schätzen weiß, unterließen wir die Weinproben-Tour  durch die Bodegas des Geria-Tals und wandten uns dem Piraten-Museum, dem Landwirtschaftsmuseum ( dorthin wurden die  drei anderen gelockt, weil ich wusste, dass es dort auch ein ganz kleines Gläschen zu probieren gibt,) dem Vulkan-Museum und  der Bio-Käserei zu. Insgesamt zwei Tage voller neuer Eindrücke, die dann wieder nach banalen Tätigkeiten verlangten. Schließlich gibt es ja keinen Homepage-Beitrag ohne ein Reparatur-Erlebnis. Ja, die Sache mit der Klimaanlage ist nun klar, aber uns plagte seit Wochen hin und wieder eine unbekannte Süßwasserquelle unter den Fußbodenbrettern. Nach einem Motor-Tag in hohen Wellen von Rubicon nach Arrecife war es wieder einmal so weit: Ich schaue in das Fach mit der Wasserpumpe und es ist nass. Diesmal wollten wir uns aber nicht mit Wischen zufrieden geben, sondern die Ursache finden. Ein Posting im Internet-Amel-Forum brachte die tröstliche Erkenntnis, dass Amel-Kollegen unseres Baujahres das Phänomen kannten  und es meist auf eine schlechte Dichtung der Wassertank-Inspektionsluke unter dem Tiefkühler  beruht. Das testeten wir, indem sich jeder von uns wie die Katze vor dem Mausloch vor eine Bodenöffnung legte, wir den Wassertank überfüllten und warteten, bis  irgendwo Wasser austrat. Ja, es war der Deckel unter der Tiefkühltuhe!  Ein Glück, dass wir noch ein zweites männliches Crewmitglied an Bord hatten! Und so verbrachte Bruno mit Poldi seinen letzten Urlaubstag damit, den störrischen Tiefkühltruheneinbau in der Sitzbank zu entfernen. Eine sinnlos querliegende, unbewegliche Schraube ließ die beiden schließlich sogar zur  "Goashx'n" greifen, es knirschte, aber der Tiefkühler war raus und alles konnte repariert werden. Schließlich erfolgte wieder ein Katze-Mausloch-Test der diesmal ganz trocken verlief - wieder ein Problem gelöst. Jetzt ist aber einmal Pause mit technischen Problemen und deren Lösung. Unsere Gäste sind heute  nach Hause geflogen. Wir folgen am 24.August und werden bis dahin die Yin Yang für ihre einsame Wartezeit auf tip-top bringen, damit sie sich nicht vernachlässigt fühlt, bis wir am 12. Oktober wieder in Lanzarote eintreffen. Ihr hört von uns auf der Homepage also gegen Ende Oktober wieder, wenn wir uns auf den Weg machen  um ein paar andere kanarische Inseln zu besuchen und  schließlich zu den Kapverden weitersegeln.

 

 

Bild 1:    Höhle im Affenfelsen

Bild 2:   Schiffsverkehr in Gibraltar ( der rote Kreis sind wir )

Bild 3:   Unser Ankerplatz in La Graciosa

Bild 4:   Kirche in Femes, Lanzarote

 

 

Gibraltar 25.07.2017

Achterbahn Richtung Atlantik

 

Almerimar – Refugium für Schiff und Mannschaft – ließ uns Zeit um einige wirklich wichtige Dinge zu erledigen. Zum Friseur zu gehen, Mitglied beim Trans-Ocean Verein zu werden, den deutschen Mechaniker zu konsultieren, zwei einheimische Techniker vergeblich an der Klimaanlage rumwerkeln zu lassen, am Strand laufen zu gehen, das Gasthaus mit den köstlichen Curries und dem 20 Jahre-alten Hund zu besuchen und den von der Versicherung verlangten Rigg-Check machen zu lassen. Letzteres hat uns sehr beeindruckt: Der kompetente und sportliche Andrew, der alle Segelboote und insbesondere die von Amel bis ins Detail kennt, Spezialtipps für Pflege und Instandhaltung gibt und vor allem nicht nur einfach den Mast raufsteigt sondern seitlich in den Wanten rumturnt wie die Affen am Felsen von Gibraltar. Kein Beschlag blieb ungeprüft und wir waren sehr erleichtert, dass er vom Zustand unseres Riggs äußerst angetan war und der Yin Yang ein blendendes Zeugnis ausgestellt hat. Aber kein Paradies ohne Sündenfall – am letzten Tag wurde mir am Strand, während ich im Wasser war, der Fahrradsattel samt Rohr gestohlen. Das Rad war mit dem Schloss fest gesichert aber der Sattel lässt sich beim Klapprad in zwei Sekunden rausziehen. Muss wohl ein Spaß für ein paar jugendliche Witzbolde gewesen sein, eine ältere Dame zu ärgern, denn der Sattel ist kaum zu gebrauchen, weil er nur auf Klappräder passt. Unser bayrischer Liegeplatznachbar meinte lakonisch „da habt Ihr gleich einen Vorgeschmack auf die Karibik“. Na ja, diesmal hat es ein gutes Ende gefunden, denn die Firma, bei der wir das Rad gekauft haben, hat Ersatz-Sattel und -Rohr sofort an unsere noch in Österreich weilenden Mitsegler geschickt.

Dann ging’s wieder hinaus aufs Wasser Richtung Südwesten. Insgesamt muss man sagen, dass uns die spanische Festlandküste keine große Freude gemacht hat. Man würde nicht glauben, wie weit hinauf man die durch die Meerenge von Gibraltar bedingten Strömungen zu spüren bekommt. Man kann zwar ankern und der Anker hält auch gut, man schläft aber wie auf der Schiffschaukel im Prater. Fieserweise gibt es regelmäßige, sekundenlange Pausen, in denen man Hoffnung schöpft – aber nein, Rasmus reibt sich die Hände und denkt „zu früh gefreut, Ihr kleinen, dummen Segler“ und weiter geht die Rollkur. Sämtliche Dosen und Flaschen müssen verkeilt werden, sonst hält man den Lärm nicht aus. Oder man trinkt sie vorher aus, um die richtige Bettschwere zu bekommen. Dabei ist die Wasseroberfläche fast glatt, aber mit einer unterschwelligen Dünung, die die Wellenreiter am Strand neben uns begeistert jauchzen ließ. Die Folge war, dass wir trotz der Kosten eher geneigt waren, in Marinas anzulegen. In Motril mit Mehrwert: nicht nur gelang es uns, bis in die Bar des erlauchten und arroganten Yachtklubs von Granada (das ist dort gleich im Hinterland) vorzudringen,  wir hatten auch die Chance, aufgrund eines Tags der offenen Tür einen Seenotrettungskreuzer und ein Kriegsschiff besichtigen zu können. Das Rettungsschiff war sehr  eindrucksvoll, groß und modern. Am Kriegsschiff konnte Poldi dem Marineoffizier, der dort den Besuchern die Seemannsknoten vorführte, einen Knoten zeigen, den dieser Spezialist noch nicht kannte. (Er hat sich etwas verlegen bedankt)

Gleichzeitig handelte es sich um den 16.Juli, an dieser Küste das Fest der Fischer, bei dem nicht nur die Blasmusik aufmarschiert sondern die Fischer auch nachts Statuen der heiligen Carmen in beleuchteten Bootskorsos am Meer spazieren fahren. Wir hatten zwar den Eindruck, dass es sich bei den vielen Leuten auf den Booten eher um Touristen als um Fischer handelte, aber schön war es trotzdem, wenngleich die Tageszeit für uns etwas ungewöhnlich ist, denn die anschließenden Feuerwerke zogen sich bis 02.30 Uhr hin. Weniger angenehm war die Marina Benalmadena, auf die wir uns eigentlich schon gefreut hatten. Die Wacklerei hat sich dort im „geschützten“ Hafen wiederholt. Der mit einem Architekturpreis gekrönte Sportboothafen ist so blöd gebaut, dass die Schiffe auch im Hafen Achterbahn fahren. Dazu ächzen und knarren die Leinen (die armen, die wetzen sich dabei nämlich extrem ab), sodass dieses Quietschkonzert sämtliche Bootsbesatzungen in der Nacht wach hält. Dies zum Thema Architekturpreis.

In diesem preisgekrönten Schüttelambiente musste Poldi dann auch noch bei 38 Grad in den Motorraum und eine neue Dichtung einbauen, weil zu unserem Schrecken seit Tagen immer wieder Öl aus dem Getriebe getropft war. Ein Glück, dass ihm eine Werkstätte diesen speziellen Teil in Malaga besorgen konnte. Wie froh waren wir , diese ungastliche Stätte nach fünf Tagen wieder verlassen zu können, nachdem Bruno und Roswitha am nahegelegenen Flughafen angekommen waren! Unsere erste Fahrt zu viert war entspannend. Kein Wind, also unter Motor und überhaupt…..Die Arbeit auf vier Leute aufgeteilt fühlt sich ganz anders an! Ohne Stolperstein verging aber auch dieser Tag nicht. Wir hatten zu Mittag telefonisch angefragt, ob man in der Marina Estepona für uns Platz hätte, ohne zu verschweigen wie lang und breit die Yin Yang ist. „Kein Problem“ - diese südländische, freundliche aber oft unrealistische Antwort ließ uns arglos gegen 17 Uhr dort einlaufen, aber am Wartekai wollte man uns gleich wieder los werden. Kein Platz für so ein großes Segelboot und von unserem Anruf wisse man nichts. Ein Glück, dass man auf den Smartphones eine Anrufliste hat, die den Beweis liefert! Nach einigem Hin- und Her durften wir schließlich unsere 60€ für eine Nacht abliefern und seitenweise Formulare ausfüllen.

Man würde nicht glauben, was die Marinas alles wissen möchten, wenn man nur kurz dort übernachten will! Nach einer guten Stunde lagen wir schließlich auf einem etwas ungewöhnlichen Platz, aber ruhig und sicher. Ein  Sonntagvormittagspaziergang durch die putzige Altstadt mit ihren weißen Häusern und bunten Blumen hat uns mit dieser Stadt versöhnt, sie ist wirklich einen Besuch wert. Der nächste Tag, ein Segeltag zu unserem großen Etappenziel Gibráltar (bitte mit Betonung auf der zweiten Silbe) war wieder einmal geprägt von Windüberraschungen: Wir hatten uns auf einen weiteren Tag mit wenig Wind und glattem Wasser eingestellt, kreuzten dann aber bei 20 Knoten gegenan. Unser Skipper überraschte uns dazu noch mit einer „Mann-über-Bord“-Übung, die –man muss es gestehen -total danebenging. Wenn Poldi nicht selbst eingegriffen und den ineingeworfenen Fender schließlich herausgefischt hätte, wäre er nicht mehr zu finden gewesen. Daran muss also noch gearbeitet werden.


 [p1]

 

Gibraltar, man vermutet es ja, ist recht speziell:

Der Diesel kostet 53 Cent, der Runway des Flughafens führt quer über die Hauptstraße, wo dann bei Starts und Landungen der Schranken runtergeht. Die Stadt ist relativ klein und besteht fast nur aus Hochhäusern, vermutlich, um viele Briefkastenfirmen unterbringen zu können. Die Leute sind hauptsächlich Engländer und ich vermute, dass sie, bevor sie sich hier niederlassen dürfen, zur Gewichtskontrolle müssen: es gibt keine Männer unter 150 kg, ein Gewicht, das bei der Verführungskraft der englischen Küche nicht leicht zu erreichen und zu halten ist. Dieselbe Spezies zeigt auch besondere Zähigkeit, der 330 Tage im Jahr scheinenden Sonne auszuweichen – alle sind schneeweiß. Aber sehr freundlich und lustig: Wir haben beim Anmelden im

Marinabüro selten so viel gelacht. Für ein paar Tage liegen wir jetzt in der berühmten „Ocean Village Marina“, zu sehr moderatem Preis, direkt zwischen Flughafenlandebahn und einem gigantischen schwimmenden Casinohotel, einem alten Kreuzfahrtschiff, das sehr nobel umgebaut wurde. Dahinter ganz nah die Hochhäuser, zwischen denen der Felsen von Gibraltar raus schaut. Ob dort auch wirklich Affen drauf sitzen, können wir erst morgen oder übermorgen feststellen, sobald die Arbeiten am Boot erledigt sind. Wir drei „Matrosen“ Bruno, Roswitha und ich putzen brav und wenn man brav ist, wird man auch belohnt: Roswitha polierte heute die Positionslampen und -schwupp- lag ihr Glücksbringer-Kettenanhänger am Meeresgrund. Per Zufall tauchte zwei Stunden später sprichwörtlich ein Taucher auf, der sich nach seiner eigentlichen Arbeit sofort bereit erklärt hat, nach dem Anhänger zu suchen. Ein dunkler, kleiner Anhänger im dunklen, schmutzigen Hafenwasser –wir fanden das erst einmal zwar freundlich aber aussichtslos. Aber siehe da: Fünf Minuten später hing der Halbedelstein wieder an seiner angestammten Kette. Da soll noch einmal jemand sagen, Hausfrauenarbeit wird vom Schicksal nicht honoriert! Poldi hat den wichtigeren und komplizierteren Teil der Überfahrtsvorbereitungen zu erledigen: Das Iridium Telefon (Notfalltelefonverbindung, wenn das normale Netz zu weit weg ist) in Gang bringen, die Vollkaskoversicherung für den Atlantik abzuschließen (und dabei gleich die Versicherung zu wechseln); Tiden, Ströme und Wind zu studieren um eine optimale Abfahrtszeit festzulegen und vor allem unter den gefühlt 500 Kontakten im Elektromotor des Unterliekstreckers denjenigen zu finden, der gestern streikte und uns bereits eine schlaflose Nacht bescherte. Ohne Unterliekstrecker kein Großsegel und ohne Großsegel kein vier-Tages-Törn nach Lanzarote. Aber Poldi hat es wieder einmal hin gekriegt und wir können vermutlich am Freitag zu den kanarischen Inseln starten. Von dort aus melden wir uns wieder. Und falls wir morgen die Affen am Felsen treffen, gibt es diese Fotos das nächste Mal!

Almerimar 08.07.2017

 

Zwischen modern-abstrakt und Jugendstil

 

Von Ibizas Westküste architektonisch nicht gerade verwöhnt, steuerten wir ahnungslos dem Ankerplatz in Formentera entgegen und trauten unseren Augen nicht: Ja, sie war es wirklich, ganz nah bei Yin Yang, die berühmte „A“, entworfen vom Stardesigner Philippe Starck. Eine Segelyacht mit 142 Metern Länge (Yin Yang hat 16m), brandneu und während der Bauzeit stets geheimnisumwittert. Wer steckt dahinter: Natürlich wieder einmal ein russischer Oligarch, der bereits eine „A“ (seine Frau heißt Alexandra) Motoryacht besitzt, sich verständlicherweise aber bei deren 115 Metern Länge irgendwie eingeengt fühlte. Außerdem will man sich ja auch einmal das Segelgefühl mit drei 90 Meter hohen Karbonmasten geben, man gönnt sich ja sonst nichts. Immerhin, der Magnat trägt zum Fortschritt in Yachtdesign und -technik bei und hat das russische Geld bei einer deutschen Werft ausgegeben. Da bemüht man sich auch, dieses erst einmal etwas seltsam anmutende Ding dann schließlich doch toll zu finden! Das aufregende Designerlebnis konnte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass der Ankerplatz vor den berühmten Dünen Formenteras diesmal sehr unruhig war, die Vollbesetzung durch Motorboote und die chaotischen Wellen trieben uns daher nach einer Nacht gleich weiter Richtung spanischer Festlandküste. 20 Stunden Überfahrt, diesmal zum Glück nicht spektakulär aber mit vielen Fischerbooten durchsetzt, brachten uns an unser Ziel, das Mar Menor, das „kleine Meer“

Es handelt sich dabei um eine Lagune, windgeschützt durch den trennenden Landstreifen. Irgendwie klingt das nach Natur, umso mehr staunten wir, als wir

uns einer Art Miami Beach (ja, der Tourismusverband wirbt wirklich mit diesem Vergleich) näherten, Apartmenthochhäuser wohin das Auge reicht. Alle zwei Stunden kann man in die Lagune einfahren, da wird nämlich die Brücke für 15 Minuten für Boote geöffnet. Und plötzlich ist man in einer Art Neusiedlersee, ohne Wiener aber mit Salzwasser, 170

km² groß, seicht, angepriesen als Wassersportzentrum. Wir haben in der Mitte vor einer Insel geankert und waren überrascht: Keine Wassersportler, keine

Motorboote, keine Leute, nicht einmal ein Laut vom mehrere Kilometer entfernten Ufer.

Alle Hochhäuser wie ausgestorben, man wird irgendwie nervös und fürchtet schon, irrtümlich in einem Seuchensperrgebiet gelandet zu sein. Aber nein, wie wir

erfahren haben, beginnt die Saison dort schlagartig mit Ferienbeginn. Wir waren eine Woche vorher dran und genossen für mehrere Tage Boot putzend, schwimmend und lesend die bizarre Ruhe und das 28 Grad warme Wasser. Ein Glück auch, dass nicht nur die Ferien- sondern auch die Quallensaison noch nicht begonnen hatte, diese Quälgeister treiben im Hochsommer offenbar umweltbedingt seit einigen Jahren dort ihr Unwesen. Da die Faulheit aber nicht ewig währt und wir das Kulturhighlight Cartagena bereits ums Eck winken sahen, flohen wir am ersten Ferientag und genossen ein paar schöne Segelstunden bis zum Hafen Cartagenas.

Da man dort nicht ankern darf, hatten wir für ein paar Tage einen Platz in der Marina bestellt. In der  Hafen-einfahrt zogen aber plötzlich schwarze Wolken auf, die sich prompt gleich nach dem Wellenbrecher als Gewitter entluden. Seit unserer Abreise Anfang Mai waren wir von Regen verschont gewesen, aber jetzt kam alles Aufgestaute auf einmal runter, durchsetzt mit Hagel. Das Wasser flog kreuz und quer, Blitze, Donner, Windböen bis über 40 Knoten, kein Gedanke daran, in die Marina einfahren zu können. So warteten wir gemeinsam mit einem zweiten Boot im Hafenbecken. Diese Kollegen haben uns netterweise ein Foto überlassen, das sie von Yin Yang als begossenem Pudel gemacht hatten. Wobei das Foto mangels Geräuschen und Nässe natürlich kein Gewitter widerspiegeln kann!

In einer Regenpause half man uns beim Anlegen, dann begann es sofort wieder zu blasen und zu schütten aber kaum hatten wir uns umgezogen war der blaue Himmel wieder da, klar und sonnig, fast ein wenig scheinheilig. Der Reiz Cartagenas beruht oberflächlich betrachtet darauf, dass die Stadt historisch, elegant und gepflegt ist, Samstag Abend kommt man sich in der Fußgängerzone in Shorts ausgesprochen deplatziert vor! So als habe es nie eine Wirtschaftskrise in Spanien gegeben. Dabei spielt der Erz-Bergbau, der Begründer des Reichtums dieser Stadt, jetzt keine Rolle mehr. Es gibt aber für Interessierte die heutzutage unvermeidliche Erlebniswelt mit unterirdischen Führungen und Visitor’s Center. Natürlich haben sich seit tausenden von Jahren alle Eroberer und Herrscher um die Bodenschätze dieser Gegend gerissen, deshalb können wir Touristen heute aus dem Vollen schöpfen: Punischer Wall, phönizische Steine, römische Ruinen in allen Varianten, barocke Kirchen, vor allem aber viele  schöne Jugendstilhäuser. Um 1900 blühte das Stahl- und das damit verbundene Hafenbusiness offenbar besonders und man konnte es sich leisten, u.a. österreichische Architekten zu holen und vom Fischmarkt über das Rathaus und die vielen Geschäftshäuser alles neu zu gestalten. Typisch sind die gedeckten Balkons mit den zierlichen Geländern – eine Menge Aufwändiges ist hier zu erhalten. Es wird aber nicht nur erhalten, sondern auch gestaltet: Die moderne Architektur Cartagenas, vor allem an der schönen Hafenpromenade, ist kreativ und mutig. Mutig ist auch die Küstenverbauung am Meer Richtung Süden – allerdings im ironischen Sinn.

Noch nicht einmal richtig an der berüchtigten Costa del Sol angekommen, wundern wir uns über die Ungetüme, die von den Felsen herunter schauen und offenbar Hotels sein sollen. Ich nehme an, bis wir in Gibraltar

sind, werden wir uns daran gewöhnt haben. Einstweilen ist es aber noch nicht so weit, wir sind für ein paar Tage in Almerimar, in der Marina, wo wir 2014/2015 die Yin Yang gekauft, geputzt,  ausgerüstet und im Winter  untergebracht haben. Nicht nur das Schiff hat sich gefreut, die alte Heimat wieder zu sehen, auch wir genießen es, uns einmal in einem Hafen schon richtig auszukennen, den Supermarkt, die Wäscherei, den Schiffsausrüster gleich zu finden, mit alten Bekannten zu tratschen und die früheren Lieblingslokale aufzusuchen. Wenngleich unser Lieblingswirt inzwischen in Pension gegangen ist und das Lokal einer Finnin verkauft hat. Aber deren Tapas sind auch köstlich. So haben wir uns in Spanien wieder ein wenig eingewöhnt und die Tränen beim Gedanken an Sardinien trocknen langsam. Man könnte schier hier bleiben wollen im gemütlichen Almerimar. Aber mein Skipper erinnert mich daran, dass wir ja Mitte August in Las Palmas sein wollen……. Unsere Mitsegler auf der Strecke zu den Kanaren treffen am 21. Juli  ein und sobald Poldi seine Rendez-Vous mit dem Klimaanlagentechniker(unsere Anlage hat kein Gas mehr), dem Schweisser (an einer Stelle der Reling ist etwas locker) und dem Rigger (Gutachten für Versicherung) erledigt hat, werden wir Mitte nächster Woche wieder hinaus fahren und die Bebauung der Costa del Sol vom Meer aus betrachten, unsere Bekannten in Malaga auflesen und uns zu viert bei hoffentlich ausreichend Ostwind nach Gibraltar weiter bewegen.

San Antonio, 23.06.2017

Rodeoritt nach Spanien

 

Hola y buonas dias – wir sind seit drei Tagen in Spanien. Wenn wir uns hier in der Bucht von San Antonio in Ibiza so umschauen, könnte der Kontrast kaum größer sein – hunderte Hochhaushotels, Partytreiben, Piercings und Tatoos sowie internationales Nachtleben. Die Beschau-lichkeit Sardiniens ist nicht einmal eine Woche her und doch so weit entfernt.

Zum Anschluss an unseren letzten Bericht: Nach Einbau der Wassermachermembranen der Schweizer Kollegen und deren Abreise Richtung Korsika haben wir es uns noch eine Weile gut gehen lassen, chillend sozusagen in diversen Buchten des Nordostens von Sardinien. Unsere Wiener Freunde von der Amel „Second Lady“ haben uns beim Chillen intensiv unterstützt. In den Buchten der Costa Smeralda lässt es sich wirklich gut mit der Seele baumeln, Prosecco trinken und die Villen am Ufer unter einander aufteilen. („Nein, dieses Haus könnt Ihr nicht haben, das haben wir uns schon letztes Jahr reserviert, nehmt doch das Schlösschen daneben“).

Auch unser Oligarch Usmanov, dessen Megayacht,

Dilbar‘ wir schon letztes Jahr im Auge hatten, stattete der Costa wieder einen Besuch ab. Poldi erkannte mit geschultem Blick einen privaten Airbus A 340 Richtung Flughafen Olbia sinken und konnte auch die Aufschrift

lesen. Siehe da, wie vermutet sagt auch Google, dass dieser dem Besitzer der Megayacht‚Dilbar‘ gehöre. Kurz darauf war auch schon der Hubschrauber in Richtung Schiff zu sehen und das vermutliche Businessmeeting wurde des Abends noch mit einem privaten Feuerwerk gekrönt. Da wir aber eigentlich keine zwei Hubschrauberlandeplätze an Bord brauchen und Poldi auch nicht ständig an die Arbeit erinnert werden will, konnten wir uns leichten Herzens von der Oligarchen-Atmosphäre verbschieden und uns Richtung Nordwestküste auf den Weg machen. Die Ruhe dieser Gegend nimmt einen rasch gefangen. Nach den Felsen des Capo Testo sieht man pro Tag nur mehr eines oder zwei andere Segelboote und kann sich Orten wie Isola Rossa oder Castelsardo widmen.

Castelsardo hat nicht nur eine schöne Marina mit großem Supermarkt, Friseur (Färben, Schneiden,

Fönen 50€!) und Autobusstation, sondern vor allem eine sehenswerte Altstadt rund um ein auf einem hohen Felsen über dem Meer thronenden Kastell.  Nicht nur die alten Genueser erkannten die besondere strategische Lage dieses Felsens, auch tausende Möwen nutzen die Aufwinde zum Fliegen. Ihr fröhliches Gekreische lässt den Spaß, den sie dabei haben, deutlich erkennen.

Für uns hieß es hier auch Abschied von Sardinien nehmen – ein letztes Abendessen in einem zufällig gefundenen Gasthaus mit Traumblick, einige Mirtos (das ist der Pelinkovac von Sardinien) und nach einem

Badenachmittag, inzwischen bei 26 Grad, ging‘s durch die seichte Fornelli-Passage Richtung Menorca. Wir hatten uns lange und häufig die Wind-und Wettervorhersagen angesehen um die passenden zwei Tage für die Überfahrt zu finden aber – bingo – diese lagen wieder einmal daneben.

Nicht viel aber doch ausreichend um uns eine sehr ungemütliche Nacht zu bescheren. Statt ruhig aber stetig bei halbem Wind aus Nordnordwest ins Spanische hinüberzugleiten mussten wir uns schließlich hart am Wind durchkämpfen. Untertags war es noch recht schön, vielleicht sogar etwas zu wenig Wind, am Abend war er dann genau richtig, sodass sich sogar ein Thunfisch entschloss, an zu beißen. 11 kg wog das Ungetüm! Foto vom Fisch . Nach Mitternacht, als ich es mir gerade mit einem Buch für meine Wache im Cockpit gemütlich machen wollte, nahm der Wind immer mehr zu, von lesen keine Rede, ich konnte nur mehr meinem Magen gut zureden. Nun wurden auch die Wellen höher, was beim Schiff eine Art Bewegung hervorruft, die an ein Pferd beim Rodeo erinnert. In unserer relativ großen Ying Yang mit Mittelcockpit sitzt man zwar sehr geschützt, aber die Geräusche des spritzenden Wassers und des dröhnenden Rumpfs sind auch bei preseniler leichter Schwerhörigkeit nicht wegzudiskutieren, das Ganze wirkt etwas schaurig, wenn man solche Situationen (wie ich) nicht gewohnt ist. Während Poldis Wache in den frühen Morgenstunden gab’s dann sogar bis zu 33 Knoten – was bei Wind von hinten überhaupt kein Problem ist, aber fast direkt von vorne doch eine Gemeinheit. Poldi hat aber zum Glück keinerlei Probleme mit Seekrankheit und blieb stoisch und gelassen, ihm konnte der Rodeo nichts anhaben, wenngleich er erstaunlicherweise auch einmal ein paar Stunden sitzen blieb, ohne ständig etwas zu schrauben oder technische Anleitungen zu lesen. So ritten wir noch einige Stunden bis zu einer Ankerbucht in Menorca weiter, wo ich eigentlich diesen Beitrag für die Homepage schreiben wollte. Aber keine Chance – es war so viel zu tun, die Fischfilets einfrieren bzw einkochen, das Chaos von der Nacht aufräumen , wieder einmal zur Stärkung was Gescheites auf den Tisch bringen während Poldi einige Stunden mit Assistenz des Kärchers gebraucht hat, um die Yin Yang von ihrer Salzkruste zu befreien. Das hat mich zwar auf die Idee gebracht, die frischen Thunfischsteaks in der Salzkruste zuzubereiten, aber ich habe das noch nie gemacht – nur gegessen – vielleicht kann mir einmal jemand erklären, wie man Fisch auf diese Art gart.

Um nicht wieder Gegenwind zu bekommen, ging’s am nächsten Tag gleich weiter nach Mallorca. Wie man der Presse entnehmen kann, gibt’s dort derzeit eine extreme Hitzewelle mit Windstille. Kein Wind aber eine hohe Dünung in Inselnähe – auch so kann man das Boot zum Wackeln bringen, daher nächsten Tag wieder raus aufs Meer und weiter nach Ibiza. Also den Ballooner raufgezogen und im „Schmetterling“ wie auf Schienen in Richtung Partyinsel.

 

Die Nacht war diesmal ruhig – eine 1 ½ Bücher-Nachtwache, wieder einmal mit der Schachnovelle von Stefan Zweig. Ibiza hat wunderschöne Ecken, wir aber haben uns entschlossen, den „Kulturschock“ aufs Äußerste zu treiben und im großen Hafenbecken von San Antonio zu ankern. Wir waren hier schon vor zwei

Jahren und wussten, wie ruhig man liegt( wellenmäßig, nicht akkustisch) und da Poldi heute früh auf den Mast wollte, um die Führung von Ballooner und Genua

zu optimieren, waren wir bereit, uns dieses Schauspiel mit den verrückten, sonnenverbrannten, hauptsächlich englischen (siehe oben) Touristen anzusehen. Wenn wir genug davon haben, ist geplant, in Formentera ein wenig am schönen Dünenstrand zu plantschen und dann bei passendem Wind nach Cartagena weiterzufahren. Der Gott des Windes erhält von uns jetzt von jedem Bier, das wir öffnen, den ersten Schluck. Das soll

angeblich helfen, den Wind an die Vorhersage anzupassen. Wäre für die Überfahrt aufs Festland sehr hilfreich! Wie es wirklich war, ist dann in unserem nächsten Bericht nachzulesen.

Taverna nähe Olbia 01.06.2017

 

Sportlich unterwegs zwischen Motorraum und Schlemmerlokal

 

 

Der Abschied vom friedlichen Carloforte fiel uns angesichts der vor uns liegenden Durchquerung eines gerade aktiven militärischen Manövergebietes besonders schwer. Die NATO übt hier in einer herrlichen, naturbelassenen Landschaft rund ums Cap Teulada, dessen einsame Ankerbuchten nur wenige Wochen im Jahr frei gegeben werden. Zwar nicht zu unserer Zeit, wir durften aber dennoch durchfahren,  allerdings nur vor 9 Uhr früh oder nach 18 Uhr. Also Abfahrt kurz vor 6. Die Sonne ging gerade auf, versteckte sich aber ein paar Minuten später gleich hinter einer dicken Nebelwand. Von ein paar Fischern waren Silhouetten zu sehen, von den Kriegsschiffen nur das Tuten zu hören. Schnell das Segelkursskriptum über die nautischen Schallzeichen rausgekramt und schon verstanden wir eine Fremdsprache mehr. Einer der im Dunst versteckten militärischen Aufpasser funkte uns sogar an "YinYang from Warship", sehr aufregend) äußerte aber nur die sehr höfliche Bitte um eine kleine Kurskorrektur. Nach zwei Stunden war der Spuk vorbei, der blaue Himmel zurück und die angepeilte Bucht erreicht, wo das deutsch-schweizer Amel-Duo bereits seit dem Vortag vor Anker lag.

Wir genossen den ersten Badetag des Jahres für Abgehärtete bei 19 Grad, länger als drei Minuten haben wir’s nicht ausgehalten.

Das deutsche Schiff verließ uns am nächsten Tag (es gibt auch Segler, die noch jung genug sind, um arbeiten zu dürfen), Yin Yang und Gros Doux flitzten weiter zum Cap Carbonara. Für uns war es der dritte Besuch dort, allerdings der bisher sportlichste, mit ordentlichem Schub von hinten zwischen Insel und Kap durch zum geschützten Ankerplatz. Gros Doux kochte als Belohnung für alle. Was? Spaghetti Carbonara natürlich! Sportlich ging’s die Küste weiter Richtung Norden, da konnte Yin Yang zeigen, dass sie auch aufkreuzen kann, diesmal sogar mit Beweismaterial, von GrosDoux fotografiert.

Nach zwei ruhigen Ankerplätzen für die Nacht fanden wir nach einem windigen Nachmittag den kleinen Sportboothafen von Gonone passend für eine Übernachtung. Doch weder am Funk noch am Handy gab‘s Reaktionen auf unsere Anfrage, also legten wir einfach an der Mole an.

Dass die Mole baufällig war konnte man sehen, es lagen Beton- und Metallteile herum, aber allgegenwärtige Baustellen sind zu Saisonbeginn ja sowohl in Italien als auch in Österreich normal, also haben wir erst einmal für alle gekocht. Noch vor dem Digestiv war’s aber aus

mit der Idylle: Der Hafenmeister ist sogar am Sonntag (an dem er anscheinend aber das Handy nie abhebt) mit zwei Gehilfen vorbei geeilt, um uns von der "gesperrten“ Baustelle zu vertreiben. Zum Glück hatte der Wind nachgelassen, wir konnten vor der Hafeneinfahrt ankern, die Dünung war allerdings ziemlich unruhig. 

Völlig ungestört verbrachten wir hingegen drei Tage in der Brandinchi-Bucht, kein Mensch zu sehen, ruhiges Wasser und perfekte Sonnenuntergänge.

Die beiden Männer verbrachten allerdings die meiste Zeit „unter Tage“ beim Warten und Reparieren. Bei uns mussten die Membranen des Wassermachers getauscht werden, was bei Bootseignern immer Identitätsängste auslöst (die ausschließlich mit Bier bekämpft werden können), aber alles ging gut und man konnte zum Weitertüfteln das Schiff wechseln.

Robins und Iris‘s  „GrosDoux“ war zwar in der Türkei optisch wunderschön renoviert worden, aber der Teufel steckt im (elektrischen und technischen) Detail. Poldi kennt das Innenleben von GrosDoux nun genau so gut wie das von Yin Yang, während ich mir von Iris banale Dinge des Alltags erklären ließ, zB die Anfertigung von Insektennetzen für die Fenster und das Einfrieren von Gemüse. Ja, einfrieren: In Olbia wartete eine neue Tiefkühltruhe auf uns! In Deutschland bestellt und drei Tage später war sie da!

Gratis an der Stadtmole liegend konnten wir sie in Ruhe einbauen und das Gefriergut übersiedeln. Die alte wird jetzt als Getränkelager verwendet und wir brauchen nicht ständig nervös auf die Temperaturanzeige zu schauen. Obwohl wir den alten Tiefkühler nun doch nicht auf die Schnelle leer essen mussten, werden die Bäuche trotzdem immer runder. Die lukullischen Ecken von Olbia haben wir erst heuer so richtig entdeckt und – sobald die beiden Männer nicht wieder mit den Werkzeugkisten in der Gros Doux verschwanden -  ausgiebig genossen. Leider haben wir auch viel zu viel Köstliches eingekauft, zB Schokolade und Nüsse. Das muss jetzt schnell alles weg, damit wir künftig nicht mehr in Versuchung geraten.

Das Einkaufen in Olbia wurde zur Wissenschaft. Wir hatten für ein paar Tage ein Auto gemietet, Robin und ich als die „gerne-Einkäufer“ waren in allen relevanten Mega-Märkten unterwegs: Auchon, Conad, MD, Conad Superstore, Simply, Lidl, cash&carry, Eurospinn, in einem riesigen Chinamarkt, am normalen Gemüsemarkt und in einigen Geschäften, deren Namen ich vergessen habe. Sollte Nielsen Interesse an einer Studie haben: Wir können einen Führer über das Angebot in Olbias Supermärken schreiben!

Jedenfalls habe ich jetzt vermutlich längere Zeit keine Lust mehr, einkaufen zu gehen. Ist auch nicht nötig, denn wir haben mindestens bis Gibraltar genug Bier, Nudeln, Reis, Nüsse, Limoncello, Küchenrollen, Kaffee, Cola, Käse, Salami und Prociutto. Etwas frisches Obst und Gemüse wird sich dazwischen ja stressfrei finden lassen. Olbia hat uns wieder gut gefallen, eine unspektakuläre Stadt mit freundlichen Leuten und guter Infrastruktur, sehr sauber, mit vielen guten Eissalons. Und nicht zu vergessen die beiden Restaurants, die uns besonders beeindruckt haben: Terre Sarde am Stadtrand mit umwerfender sardischer Küche und il Veliero (‚der Segler‘) mit herrlichster dünner, knuspriger Pizza. Vom Veliero wird uns aber vor allem Eines in Erinnerung bleiben: Die Rettung einer kleinen Katze. Alle Frauen auf der Terrasse waren nervös, weil ein fernes, verzweifeltes Miauen zu hören war. Wir rannten im Hof herum, einmal schien das Miauen vom Dach zu kommen, einmal vom Lokal, bis Iris plötzlich feststellte, es kam aus einem der geparkten Autos. Mein tierliebender, Mann, der Kellner, Passanten, alles lag unter diversen Autos, der Besitzer des vermuteten Autos wurde gefunden, aber der Kofferraum war leer – nein, das herzzerreissende Weinen kommt ja aus dem nächsten Auto – der andere Besitzer wird gesucht, und siehe da, ein kleines verstrubbeltes Etwas springt aus dem Motorraum um sich angesichts der vielen Leute gleich wieder unterm Auto zu verstecken. Ich habe mich dann meinem Dessert gewidmet, während Iris immer noch therapeutisch auf das Fellknäuel einwirkte. Mit Erfolg: Die Katze springt nach einiger Zeit raus, rennt blitzschnell zum nächsten Parkplatz und ist im/unter/bei einem schönen roten Auto verschwunden. Manchen Tierchen ist halt einfach nicht zu helfen! Uns schon: wir sind jetzt in der schönen Bucht Taverna und Robin ist gerade mit seinen neuen Membranen  für den Wassermacher eingetroffen, die er heute in Olbia geholt hat. Für Poldis Unterhaltung morgen ist also gesorgt! Ich werde die Ruhe geniessen und dann geht’s weiter zu den Badebuchten im Nordosten und wir hoffen sehr, dass sie ihrem Namen auch gerecht werden und für angenehme Wassertemperatur sorgen!

 

 

Carloforte, Sardinien, 15. Mai 2017

Inselleben in guter Gesellschaft

 

Ja, man glaubt es nicht, die Ankerkette ist am 4. Mai eingetroffen! Eingetroffen, aber nicht geliefert. Freudig-stolzer Anruf des Werftchefs um 16.30: „Die Spedition hat soeben die Kette gebracht“. Poldi springt aufs Rad, fährt in die Werft um zu bezahlen, Geld möchte man aber vorerst keines, denn das Buchhaltungsprogramm ist abgestürzt. Direkt zum Schiff liefern könne man trotz wiederholter Zusagen im Moment auch nicht, der Stress sei zu groß und überhaupt…… heute 15.Hochzeitstag und wenn man da auch nur eine Sekunde zu spät nach Hause käme, gäbe es keinen 16. mehr……etc etc. Man legt meinem Skipper ganz locker die 100 Meter lange und 300 kg schwere Kette zu Füßen, als ob man sie mit dem Fahrrad transportieren könne.  Also schnellstens unser bereits verzurrtes und geputztes Beiboot ins Wasser, um die Ehe des Herrn Pietro nicht zu gefährden und her mit der Kette, vom Beiboot aus gleich an den Anker und über die Ankerwinsch an ihren rechtmäßigen Platz. Irgendwie konnten wir das Geld dann auch noch los werden und am 5. Mai um 6 Uhr früh endlich in See stechen. Der Abschied von Marina die Ragusa, wo wir einschließlich unseres Aufenthalts zu Weihnachten immerhin 8 Wochen verbracht haben, war gemischt mit der Vorfreude auf die egadischen Inseln, wo wir schon in den letzten beiden Sommern einige Zeit verbracht haben.

 

Erst einmal aber hatten wir uns zwei ruhige Seetage verdient – das waren sie auch, schöner Wind, strahlende Sonne, in der Ferne die Südküste Siziliens. Damit der

Kreislauf in Schwung bleibt haben wir mehrmals den Ballooner gesetzt und wieder abgenommen und sogar das Stagsegel aus dem Winterschlaf befreit. Die Nacht war mondhell und die Zeit meiner Wache wurde durch das neue Buch von Francesca Melandri verkürzt, das passenderweise auf einer Gefängnisinsel (auf Favignana gibt es ebenfalls zwei große Gefängnisse) spielt. Dort

eingetroffen haben wir erst einmal in der „Cala Rossa“ geankert und übernachtet, die „Rote Bucht“ heißt deshalb so, weil dort die letzte Schlacht des zweiten punischen Krieges geschlagen wurde und sich die

Bucht angeblich vom Blut der Opfer rot gefärbt hat.

Gar so gut haben auch wir dort nicht geschlafen und uns am nächsten Tag gemeinsam mit unserem schweizer Schwesterschiff „Grosdoux“ in die Minimarina vor der Altstadt verholt. Amel-Besitzer kennen sich häufig schon lange digital – dem Amel-Forum sei Dank – bevor sie sich dann auch einmal „life“ sehen. Die Freude war daher sehr groß und als am nächsten Tag dann auch Schwester und Schwager der Grosdoux mit einer Amel eintrafen, hatten wir am Steg bereits eine  Mehrheit von 75%. Zu unserer Überraschung lief in der Nacht dann noch die vierte im Bunde ein – weder

verwandt/bekannt/verschwägert, aber auch eine Amel.

Favignana war wieder ein Genuss: Durch das Städtchen schlendern, Eis bei „Mamas“ und Zitronentörtchen aus der Konditorei bei der Kirche verdrücken.

Einen Tag habe ich aber dem Nachholen einer Bildungslücke gewidmet und bin mit der Fähre nach Trapani und von dort aus nach Erice gefahren – eine mittelalterliche Stadt auf einer Bergspitze, mehr Museum als Stadt, aber trotzdem mit viel Atmosphäre. Vor allem in der Früh, die Stadt lag im Nebel, war  schaurig-schön und einsam, bis sich gegen 11 Uhr dann

geschätzte 100 Touristenbusse voller Chinesen über die schönen Kopfsteinpflasterstraßen ergossen. Zeit für mich, wieder ins sonnige Favignana zurück zu fahren. Und wieder einmal italienische Lebensart zu studieren: Man muss die Autobustickets in der Trafik kaufen und im Bus entwerten. Beim Fahrer vorne ist der Entwerter, man steckt die Karte rein, es macht „kling“, sie wird

gestempelt, und dann –man glaubt es nicht – muss man sie einem Herrn der Buslinie geben, der daneben steht und dann noch einmal ein Stückchen der Karte abreißt. Wer kann mir sowas erklären??? Vor Ort blieb mir keine Möglichkeit mehr, diese Sache tiefergehend zu studieren, denn die Wind- und Wetterkarten zeigten für die kommenden Tagen Südostwind, also auf nach Sardinien.

Wie man weiß, ist der Wetterbericht ja manchmal nicht ganz so exakt wie man es sich wünschen würde und wir wurden am ersten Tag und in der Nacht ordentlich

durchgeschüttelt, am zweiten Tag verschwand der Wind dann nach und nach und wir mussten am Schluss noch einige Stunden motoren. Unser Ziel war Carloforte auf der Insel San Pietro im Südwesten Sardiniens, wo wir endlich Julia und Hajo treffen konnten, die wir seit unserer Abreise von Almerimar vor zwei Jahren nicht mehr gesehen haben. Einige von Euch werden sich noch an Julias köstliche Fortsetzungsgeschichten betreffend unsere gemeinsame Liegeplatznachbarin Dominique erinnern!?

Jedenfalls sind das Freunde mit denen der Gesprächsstoff nie ausgeht! Wir haben uns gegenseitig bekocht und zahllose Gläschen und Cappuchinos durchgetratscht. Natürlich haben sie auch das gleiche Boot wie wir. Übrigens: Alle diese Schwesternschiffe in unserem Bekanntenkreis sind -wie die Yin Yang auch - schon 20 Jahre alt und mehr – nur damit da keine Vorstellungen von Millionärscliquen aufkommen! Julia und Hajo haben das Boot über den Winter hier in Carloforte gehabt und nun dürft Ihr raten, warum sie immer noch in Marina sind: Sie warten, ja, sie warten auf ein neues Beiboot, das sie im Jänner bestellt haben! Hier in Carloforte zu warten ist allerdings ein Vergnügen. Die Stadt wurde ursprünglich von Liguriern besiedelt. Die Architektur erinnert auch tatsächlich an die Rivieria: Pastellfarbene Häuser, verspielt, weiße verschnörkselte Balkone, alles renoviert und sauber bis in die letzte Nebenstraße. Palmen an der Promenade, viele Cafés, ein Ort zum Wohlfühlen. Gestern sind auch die beiden Schweizer Amel-Schwager eingetroffen, auch sie konnten der Insel San Pietro nicht widerstehen. So sind wir auch hier in der Marina wieder eine breit aufgestellte Amel-Fraktion!

Normalerweise gehen wir ja kaum in Marinas, denn erstens sind wir mit Wasser und Strom ja autark und im Sommer ist es am Ankerplatz nicht nur luftiger sondern auch billiger. Im Hochsommer sind die italienischen Marinas nicht zu bezahlen. Jetzt in der Vorsaison kann man ganz gut verhandeln, das haben wir inzwischen mitgekriegt. Nur nicht den

erstgenannten Preis bezahlen, auch wenn er offiziell im Internet steht und mit autoritärer Mine vorgetragen wird!     Es darf gefeilscht werden wie im Basar und man erspart sich wirklich eine Menge. Aber jetzt ist die luxuriöse Marina-Zeit wohl für eine Weile zu Ende. Heute brechen wir zur Südküste auf, dann über die Ostküste nach Olbia, wo wir unsere Rettungsinsel zur vorgeschriebenen Wartung geben werden. Eine idyllische Gegend mit vielen schönen Ankerplätzen, wenngleich man sie halt jetzt noch nicht zum Schwimmen nützen kann. Jedenfalls werde ich viel kochen, die Tiefkühltruhe ist voll, aber wir haben das ungute Gefühl, dass sie nicht optimal funktioniert und viel zu häufig läuft um die Temperatur zu halten.

Kann sein, dass wir uns dann Ende Mai mit ganz dicken Bäuchen wieder melden, weil wir alle Vorräte essen mussten!

Marina di Ragusa, Sizilien, 3. Mai 2017

„Kettenreaktion“ im sonnigen Süden

 

26 Grad, leichter Wind – ein richtig warmer

Sommertag, aber wir liegen immer noch im Hafen. Nicht, dass uns in Marina di Ragusa langweilig wäre, aber man wundert sich halt doch, was man mit Lieferanten alles erleben kann: Im Jänner haben wir bei der Werft hier eine neue Ankerkette bestellt – Konfektionsware – aber sie ist noch nicht eingetroffen. Nein, sie kommt nicht aus China, sondern aus Turin! Da

werden Erinnerungen an die italienischen Geschäftspartner bei L’Oréal wach. Stets überzeugend bei der Bestellung und immer nervenaufreibend bei der

Lieferung. Sozusagen eine Woche länger „an die Kette gelegt“ tun wir all das nun umso intensiver, was wir seit Mitte April tun und was alle Segler im Frühling beschäftig: Putzen, reparieren, warten, (Letzteres in beiden Bedeutungen des Wortes), mit den Leuten der anderen Boote tratschen, Eis essen, Vorräte einkaufen.

Das Warten (diesmal im technischen Sinn)

bringt dann auch noch so manche Überraschung zutage: Der Turbolader des Dieselmotors, wenngleich mit einem speziellen Turboladercleaner von Poldi

liebevoll behandelt, machte keinen Mucks mehr. Also ausgebaut, in die Werft gebracht, von wo aus der Patient aber zur Perkins-Vertretung in Ragusa überwiesen werden musste. Dort behandelten ihn

mehrere fesche Mechaniker in einer beeindruckend schönen und kompetenten Firma, aber vergebens. Das Rädchen steckt absolut fest, der Patient ist tot. Also

blieb uns nichts anderes übrig, als ein neues Teil zu bestellen und siehe da – innerhalb von zwei Tagen ist das Paket aus London eingetroffen. Warum das wohl bei einer Kette aus Turin nicht geht?? Zur Ehrenrettung der Italiener muss aber gesagt werden, dass unser neues Vorsegel, das wir im September bestellt hatten und für Dezember versprochen war, bereits am 18.April geliefert wurde. Und das musste im Gegensatz zur Kette extra angefertigt werden. Jedenfalls wurde das englische Turbocharger-Prachtstück von Poldi sofort problemlos eingebaut, was ihm die Bewunderung der gesamten Seglergemeinde hier eingebracht hat.

Die Seglerfamilie in dieser Marina ist überhaupt ganz was spezielles. Viele „Stammgäste“ lassen ihr Schiff über den Winter hier liegen und verwenden es teilweise auch in der kalten Jahreszeit als eine Art Ferienhaus. Als wir zu Weihnachten hier waren, hatte die Kälte die meisten zwar nach Hause getrieben aber jetzt im Frühling ist das Sozialleben voll im Gange. Bei der täglichen morgendlichen Funkrunde tauscht man technische und organisatorische Tipps aus, lädt zu Geburtstags- und Abschiedsfeiern ein und weist auf die dienstags und freitags stattfindenden Stammtische hin (freitags

sogar mit Livemusik), wo es dann zugeht wie in einem Bienenstock. Was da so geredet wird? Wie immer übers Wetter – letzte Woche war eine Art Mini-Tsunami Gesprächsthema, der, vermutlich in Zusammenhang mit den kürzlichen Ethna-Aktivitäten, blitzartig einen auffallend erhöhten Wasserstand gebracht und grausliches, braunes, durcheinander gurgelndes Wasser in den Hafen geschwemmt hat.

 

Die weiteren Themen sind typische Seglergeschichten.  Da unter den Kollegen von Australia bis Austria alles vertreten ist, wird der internationale Erfahrungsschatz geöffnet, vor allem aber geht es um gute Ankerplätze und Marinas, um die Elektronik, um Wetter- und Navigationsprogramme und natürlich ums Putzen. Alles auf Englisch, meine im Winter so mühsam in der Volkshochschule erworbenen Italienisch-Basiskenntnisse kann ich leider nur beim Metzger ausprobieren. Aber es putzt sich auf Englisch genau so wie in allen anderen Sprachen. Wichtig sind alle Arten von speziellen Polier- und Rostentfernungsmitteln. Der Angelpunkt ist und bleibt jedoch eine gewisse Leidenschaft, eine Art aufs Boot übertragene Ablutomanie (med. für Reinigungszwang). Ich bin sicher noch nicht gefährdet und muss mich immer noch aufraffen, aber wenn ich rund m unseren Liegeplatz schaue, habe ich manchmal Angst um die seelische Gesundheit so mancher  Bootsbesitzer. Fleißig sind wir auf der Yin Yang trotzdem – die bereits abgearbeitete Liste ist lang, denn es ist nun einmal nicht weg zu diskutieren, dass alles länger schön bleibt, wenn man es pflegt. Hat man ja auch nach 20 Jahren Kosmetikindustrie verinnerlicht! Bei Poldi geht es um Wichtigeres als das Polieren: Seine Arbeitsliste beinhaltete vor allem das ebenso notwendige. Zum Beispiel die Installation eines neuen Plotters und die damit verbundene Datenkommunikation zwischen allen Geräten, deren Output man jetzt blendungsfrei im Cockpit ablesen kann.

 Weiters mussten der neue Drucker, der elektronische Meterzähler für die Ankerkette, der

elektrische Backofen und ein zweites Spifall am Mast angebracht, ein Ventil der Waschmaschine ersetzt, zwei Laden umgebaut, das Motoröl gewechselt (igitt), der Generator gecheckt, die Werkzeugdepots aufgeräumt und der Motor nach dem Winter wieder zum Leben erweckt werden. Die Crew bei Laune zu halten zählt auch zu den relevanten Aufgaben des Skippers, u.a. dadurch, dass männliche Hilfe beim Vakuumieren fürs Gemüseeinfrieren sehr gefragt ist.

Um die oben geschilderte Gefahr der Arbeitssucht erst gar nicht aufkommen zu lassen, reicht bei Poldi ein gut

gekühltes Bier im Cockpit, von wo aus man mit den vorbei spazierenden Damen plaudern kann; ich bin statt dessen für zwei Tage mit dem Bus nach Palermo gefahren ( jeweils 4 ½ Stunden je Strecke) um mehr als die sizilianische Provinz kennen zu lernen. Die Erfahrung war ähnlich wie in allen anderen sizilianischen Städten, nur in viel größeren Dimensionen: Eine Fülle wunderbarer Kirchen, ein herrlicher Palast neben dem anderen, , Brunnen, Plätze, von normannisch bis Barock, etwas Jugendstil, verfallen oder renoviert, je nachdem, wie es den Bauspekulanten der Mafia gefällt. Palermo war früher eine Weltstadt, nobel und reich, aber das ist leider lange vorbei. Die Innenstadt ist lebendig und mit ihrem harmonischen Baustil und dem italienischen Gewusel mitreißend. Diese eindrucksvolle Atmosphäre findet sich in den „normalen“ Stadtteilen, wo die Leute wohnen, überhaupt nicht mehr.

Plattenbauten, alles rostet, es fehlt offenbar rundum an Geld. Sogar die Banco di Sicilia zeigt ihren inneren Zustand auch im „ruinösen“ Äußeren und residiert in einer Art Abbruchgebäude. Moderne Architektur gibt es praktisch gar nicht. Die sizilianischen Städte sind Plätze für den touristischen Genuss, aber sicher nicht zum Leben!

Ein paar Vorteile hat das Altmodische aber doch – zum Beispiel gibt es viele schöne alte Geschäfte, innen holzgetäfelt, mit freundlicher (und langsamer) Bedienung, es gibt noch Bekleidungsgeschäfte, die Familien statt internationalen Konzernen gehören. Auffallend, dass es fast mehr Herren- als Damenmodengeschäfte gibt. Das schlägt sich auch im Straßenbild der City nieder, die Herren ab 40 sind sehr elegant. Die Jüngeren sehen aus wie überall, die schönen teuren Geschäfte haben also ein absehbares Ablaufdatum! Zurück in Marina die Ragusa steht wieder unser täglicher Besuch in der Werft auf dem Programm, um nach der Ankerkette zu forschen ( „ only a few more days“) , außerdem fangen wir schon an, alles noch einmal zu reinigen, was inzwischen wieder schmutzig geworden ist. Das Schicksal ist ja manchmal besonders gemein. In der Nacht, nachdem ich sämtliches Nirosta endlich auf Hochglanz gebracht hatte, gab es ein Viertel Stündchen Regen – klang harmlos, war aber voller Saharasand. Und der Regen hatte nicht einmal den Anstand, die Flecken dann auch wieder abzuwaschen. Meine Begeisterung und auch mein Eifer bei der Sekundärpolierung hielt sich in entsprechenden Grenzen.

In ein paar Tagen werden uns aber keine Sandflecken mehr ärgern, denn am Wochenende sollten wir ablegen können, jedenfalls sagt dies die aktuelle Kettenankunftsprognose. Die Windprognose sieht eher nach Sardinien als

nach dem ursprünglich geplanten Neapel aus, macht nichts, denn das passt zu unserer Zielrichtung für 2017: WESTWÄRTS!