Langenlebarn 27.09.2016
Sizilianische Reise mit bösen Ungeheuern und reichen Engländern
Schon von Skylla und Charybdis gehört? Diese beiden Meeresungeheuer sitzen seit Jahrtausenden an den beiden Seiten der Straße von Messina und haben bereits Odysseus aufgelauert, um ihn mit ihrem gefährlichen Wasserstrudel zu erschrecken. Sie schlucken nämlich große Mengen Wasser und bringen damit die berühmte Meeresenge völlig durcheinander. Bei unserer Passage gab es allerdings nichts zum Erschrecken. Von Vulcano, der stinkenden Insel kommend, gab es keinen Windhauch, sondern Sonnenschein und gute Sicht, sodass die Verwirbelung sofort zu sehen war – als ob das Wasser kochen würde! Das Wasser wird durch die Meerenge gedrückt – was eine so starke Strömung bewirkt, dass unser Tempo (unter Motor, ohne Segel) gleich von 6 auf 11 Knoten sprang. Soviel Zeitersparnis muss genützt werden, so schlüpften wir rasch zwischen den vielen Fähren von und nach Messina durch und konnten auch allen Schwertfischfangbooten ausweichen, die dort in ständigem Zick-Zack alles absuchen. Sie haben am Mast einen oder mehrere Männer sitzen, die die Fische erspähen sollen. Vorne auf einem langen Bugausleger sitzen dann die Fangspezialisten. Uns haben sie nicht erwischt und mit dem unerwartet flotten Tempo konnten wir an diesem Tag locker bis Taormina durchfahren.
Dort aber warteten dann tatsächlich die Meeresungeheuer auf uns! Heute, friedlich in Langenlebarn sitzend, müssen wir darüber lachen. Aber es zieht uns nicht mehr zwingend zu diesem berühmten Ankerplatz unterhalb der Altstadt. Bei der Ankunft noch ganz brav und ruhig, begannen die Wellen in der Nacht das Schiff in alle Richtungen zu drehen und zu schaukeln. So viel Schwell am Ankerplatz haben wir noch nie erlebt! Poldi, dem eine ruhige Schlafumgebung heilig ist, zog in die Bugkabine (ohne Schlaferfolg), schimpfte, fluchte, gab mehr Kette, versuchte allen Klappergeräuschen nachzuspüren und alles festzubinden, was sich bewegte.
Trotz Wellen und schwarzer Wolken musste ich aber in der Früh nach Taormina fahren, um für Freunde in einem Geschäft etwas Wichtiges zu erledigen. Mein Captain konnte mich erfolgreich mit dem Beiboot am Ufer absetzen, aber der Rest des Taormina-Besuchs war offenbar von Skylla und Charybdis organisiert: Der Strand dort wird vom Bahnhofsgelände von Gardini eingegrenzt, da gibt’s kein Durchkommen, man muss den Bahnhof außen umrunden. Nun, ein längerer Fußmarsch hat mich noch nie gestört. Die Begleitung dreier nicht eingeladener Afrikaner, die mir immer näher rückten, verringerte die Wanderlust aber rasch. Dann endlich die Bushaltestelle gefunden, theoretisch alles gut organisiert. Aber wie auch in Salzburg fahren an Schlechtwettertagen alle Touristen in die Altstadt. Drei fahrplanmäßige aber überfüllte Busse fuhren an mir und den anderen Wartenden ganz cool vorbei, vor dem vierten brach plötzlich ein Höllengewitter los das uns aufgeweicht in ein Tankstellencafe fliehen ließ. Nach mehreren Anläufen hab ich‘s doch noch die zwei Kilometer rauf in die Stadt geschafft und mich durch gefühlte 50 000 Touristen ins Geschäft und wieder zurück zum Autobus geschoben. Sightseeing war nicht notwendig, da ich das Städtchen eh schon kannte. Schon im Bus rief Poldi an: Ich sollte so schnell als möglich zum Strand kommen, wenn ich mir ich eine Hotelübernachtung an Land ersparen wolle, denn die Brandung würde immer mehr zulegen. Die filmreife Abholaktion hatte er bereits gut vorbereitet: Er fuhr nicht ganz ans Ufer und hielt das Beiboot mit dessen kleinem Anker zurück, während ich durch die Brecher teils stapfte teils schwamm und von ihm ins Dingi gehievt wurde. Fast hüllenlos, denn mit nassem Gewand ist man nicht recht beweglich. Natürlich sind gerade zwei Spaziergänger daher gekommen, als ich mich auszog!
Das Positivste daran: Die Erkenntnis, dass mein Skipper immer weiß, was zu tun ist und die Freude über meinen wasserdichten Rucksack, der wirklich alles trocken hielt.
Eine Nacht musste Poldi dann noch knurrend mit dem Polster auf den Ohren im Vorschiff ohne Schlaf verbringen, dann ging’s endlich auf nach Syrakus!
Siracusa, wie es eigentlich heißt, ist natürlich vor allem historisch und künstlerlisch bedeutend, sie ist die größte der drei Städte, die das „barocke Dreieck“ Südostsiziliens bilden. Siracusa ist aber auch eine Art „Sailors paradise“, weil der riesige Ankerplatz direkt vor dem Stadtzentrum liegt und ganz ruhig ist.
Auch mit dem Dingi sind die „boat people“ willkommen, in der Marina, am Kai, bei der Tankstelle. Das ist man sonst in Italien nicht so gewohnt. Und die Stadt gibt wirklich was her: auf dem Markt bekommen wir armen Billa-gewohnten Mitteleuropäer den Mund nicht zu: Herrlichstes Obst, kaum mehr als 1 Euro pro Kilo, Käse, Fische, pralle und glänzende Auberginen (daran kann Poldi aber emotionslos vorbei gehen). Und erst der Bauernmarkt! Voller Sünden wie Pistaziencremen, Nougatcremen, fette Salamis! Den archäologischen Park und die Kirchen von früher her kennend, konnten wir uns ganz diesen banalen Freuden hingeben. Poldi wäre ohnehin nicht in der Lage gewesen, zielstrebig etwas zu besichtigen, und zwar nicht nur wegen den Knies, nein, inzwischen hatte auch die kleine Zehe eine Kollision mit einem kleinen, im Cockpit vorstehenden Druckknopf einstecken müssen und nahm Ausmaße an, die mit Schuhen nicht mehr kompatibel waren…. Nachwirkungen der Meeresungeheuer?
Zu sehen gab es in Siracusa aber auch von Bord genug: Eines Tages wurden wir und die Boote rund um uns von der Hafenbehörde (höflich) aufgefordert, etwas weiter draußen zu ankern, da man ein Kreuzfahrtsschiff erwarte. Nicht ohne Grund, wie Poldi rasch recherchierte: Das Schiff hieß „Astoria“ und ist sehr schön anzusehen, Retro-Stil und toll renoviert. ABER: Früher hieß es „Stockholm“ und hat 1956 einen der berühmtesten Unfälle der internationalen Schifffahrt verursacht: Sie ist in der Nähe von New York mit dem Luxusliner „Andrea Doria“ kollidiert und hat ihn versenkt. Deshalb hat uns wohl die Behörde aus der Schusslinie genommen! Mit der „Astoria“ kann man übrigens heutzutage sehr interessante Bildungskreuzfahrten machen, nicht einmal so teuer. Bei so viel Googeln in aufregender Nachbarschaft vergehen die Tage natürlich schnell und plötzlich war es höchste Zeit, den Zweitagestrip nach Marina di Ragusa anzutreten, wo wir ab 15.09. einen Liegeplatz haben und die Heimreise vorbereiteten.
Nicht, ohne am Weg ein letztes Mal einen behördlichen Adrenalinschub verpasst zu bekommen: Nach dem Umrunden des SO-Caps motorten wir (kein Wind) gemütlich und verträumt dahin. Weit vorne auf unserer Kurslinie ein strahlend weißes Schiff, wir schauen im AIS nach, es ist die Coastgard, mit zwei kleinen Booten daneben. Wir verfolgen unseren Kurs weiter, reines Gewissen, der Küchenboden ist gewischt, das Boot aufgeräumt, wir wären besuchsbereit. Da man normalerweise nicht schon meilenweit vorher ausweicht und wir außerdem neugierig sind, nähern wir uns den Strahlemännern. Plötzlich ereilt Poldi ein Geistesblitz, und stürzt zum Bildschirm: Wir sind mitten in einem militärischen Sperrgebiet! Ruder herumgerissen, nichts wie weg von hier, Angel rein, sonst beißt im falschen Moment auch noch ein Fisch…… Schon löst sich das erste Beiboot vom Mutterschiff, kurz darauf das zweite und beide rasen auf uns zu.......................und an uns vorbei ins weite Meer hinaus. Wir hatten sie noch kurz vorher mit einem Motorboot funken gehört, das war offenbar und zum Glück interessanter war als wir.
So sind schließlich alle Behördenbegegnungen in diesem Jahr gut ausgegangen: In Sardinien hat Poldi mit einem Jahr Verspätung endlich unsere Schiffsnummer (wie die Autonummer, muss man aber selbst anbringen) aufgeklebt, da Schiffe in Italien kennzeichnungspflichtig sind. Kaum war der letzte Buchstabe drauf, saust ein Kontrollboot in die Bucht – hätte wohl keinen guten Eindruck gemacht, jemanden mitten auf der Reise beim Kleben der Nummer zu überraschen! Die nächste Begegnung dann in Favignana, wo wir uns wegen des Permits nicht sicher waren und nun das Eindringen ins militärische Sperrgebiet – diplomatische Verwicklungen hätten die Folge sein können!
In der Marina angekommen, lernten wir gleich an der Tankstelle unsere künftigen Liegeplatznachbarn kennen: Ein sympathisches englisches Pensionistenehepaar mit einer „Oyster“ (britische Luxuswerft). Die beiden haben ihr Boot ebenfalls vor zwei Jahren gekauft, allerdings farbiksneu und um schlappe 2,5 Millionen Euro!
Tja, manche Pensionisten bekommen ihre Pension offenbar nicht von der PVA. Sie sind aber wirklich lustig und nett, natürlich kennen sie auch wieder Segler, die wir kennen, die Welt ist klein bei den „Cruisern“. Die Marina ist überhaupt recht englisch dominiert, viele bleiben auch selbst (und nicht nur das Boot) im Winter hier und sind sehr gesellig, richtig aufgedreht. Das soziale Leben dürfte dort sehr wichtig sein, ich hoffe, es wird uns nicht zu viel, wir wollen ja im Winter ein paar Wochen hinfahren und Einiges Ein- und Umbauen. Der Hafen ist modern und schön, aber etwas zu großzügig angelegt. Zu den Duschen und ins Büro geht man fast zehn Minuten, ich habe mir sofort am ersten Tag ein Fahrrad geliehen. Der Ort rundherum ist sehr nett und gepflegt, eine richtige Sommerfrische für Italiener, keine großen Hotels, aber viele Ferienhäuser. Und für Montalbano-Fans: Die Fernsehserie wurde dort gedreht und man kann alle erdenklichen Montalbano-Touren machen, für fast jeden Roman gibt es einen eigenen Ausflug zu den jeweiligen Schauplätzen.
Unser Putzmarathon war effizient und konzentriert. Zum Glück wurde er kurz unterbrochen, als uns unsere Freunde Franky und Inge per Wohnmobil besucht haben. Sie haben diesen Besuch in ihre erste richtige weite und lange Tour mit dem Caravan eingebaut und uns damit eine riesige Freude gemacht. Inge und ich haben einen Tag in Ragusa verbracht, das ist die zweite Stadt des „barocken Dreiecks“ aber mit der Helligkeit und Unbeschwertheit von Siracusa nicht zu vergleichen. Ragusa ist Trapani zum Quadrat: Total morbide! Auf Hügeln erbaut, mit tiefen Schluchten dazwischen, ein Palast neben dem anderen, aber fast alles bröckelt. Trotzdem eine schwer zu beschreibende Faszination – hunderte Stufen die Schluchten hinauf und hinab, ein eindrucksvoller Hauptplatz in kaltem Licht, der nicht nur vom Dom sondern auch von einem weltberühmten Eissalon gekrönt wird.Wer historisches Ambiente sucht: mindestens jedes dritte Haus ist zu verkaufen.
Der Herbstbeginn wird in Sizilien ganz groß gefeiert, gemeinsam mit unseren zwei österreichischen und vermutlich 10 000 einheimischen Besuchern haben wir mitgemacht und um Mitternacht drei gigantische Feuerwerke genossen. Ein passender Abschluss eines italienischen Sommers!
Jetzt sind wir also wieder daheim und überlegen, ob wir künftig vielleicht einen Orthopäden fix als Bootsmann anstellen sollen. Mit einem Orthopäden an Bord könnte Poldi alle Behandlungen gleich vor Ort absolvieren. Und Finger würde der sicher auch verbinden können! Diese sind übrigens wieder komplett einsatzfähig und legen bereits wieder fleißig Dinge in die Kartons, die wir bei unserer winterlichen Sizilienreise mit dem Auto mitnehmen wollen.
Wann das sein wird, wissen wir noch nicht. Sollte es mit den umtriebigen Engländern da unten aber besonders lustig werden, schreiben wir einen Bericht. Ansonsten gibt es dann im Mai 2017 hoffentlich wieder was zu erzählen!
Vulcano 04.09.2016
Nix is fix
Fernab der türkisen Bar, die mir vor zwei Wochen noch so reizvoll schien, melden wir uns jetzt vom Nordosten Siziliens. Man muss auch im Alter noch flexibel bleiben!
Nachdem uns die Marina mit der schönen Bar trotz persönlichen Besuchs und telefonischem sowie schriftlichen Nachfassens ein Angebot für die Überwinterung schuldig blieb, beschlossen wir, erst einmal Richtung sardischer Südküste aufzubrechen und am Weg bei der Marina Corallo wegen eines Angebotes vorbei zu schauen, da man auch dort auf unsere Anfrage nicht reagiert hatte. Ferragosta legt offenbar auch zwei Wochen vorher und nachher das ganze italienische Büroleben in Agonie.
Am Weg in den Süden dann die spontane Entscheidung Nummer eins dieses Reiseabschnitts: Wir freuen uns über den optimalen Wind und ich lasse ganz ohne Hintergedanken die Bemerkung fallen, dass selbiger auch Richtung Sizilien gut passen würde. Gesagt, getan, Poldi ändert sofort den Kurs. Herrliche Rauschefahrt bis zur Ankunft am nächsten Tag zu Mittag. Mein Verdacht ist ja, dass Poldi den Kurs vor allem deshalb so rasch geändert hat, weil die Chance, endlich einen Fisch an die Angel zu kriegen, bei Überfahrten immer am größten ist.
Und tatsächlich, auch Fische halten sich an die Statistik. Im Augenblick, als Poldi gerade aus dem Sicherheitsgurt geschlüpft war, um sich vor seiner Abendwache noch ein wenig hinzulegen, ein deutliches ‚Ratsch…………..‘ – wie der Blitz war er wieder im Gurt drin und an der Angel. Schließlich wollte ein 5,9 kg schwerer Thunfisch an einem rosa-glitzernden Köder Selbstmord verüben. Mit einem letalen Schnitt ins Herz war das schnell erledigt, den blutigen Teil musste ich nicht mit ansehen und wenn die Filets dann vakuumiert in Kühlschrank oder brutzelnd in der Pfanne liegen, hält sich mein Mitleid schon wieder in Grenzen.
Nach der herrlichen Überfahrt mit Mondschein, Fisch, der Aussicht auf Zitronentörtchen auf den ägadischen Inseln ( Vorjahr!) und einem Etmal von 160 sm fiel der Anker wie 2015 vor Favignana, der größten der drei Inseln im Westen Siziliens. Zitronentörtchen hatte die Konditorei in diesem Jahr zwar nicht, aber die schönen Sonnuntergänge, die Nachbarschaft der Motoryacht von Georgio Armani und ein Mail der Marina di Ragusa mit rascher Zusage für einen Liegeplatz vom 15.September bis 30. April konnten uns darüber hinweg trösten. Armani hat die Innenausstattung seines 60 m Schiffchens übrigens selbst entworfen. Leider mussten wir uns aber mit Bildern aus dem Internet begnügen, es gab keine Einladung, obwohl ich meinen besten Bikini anhatte.
Da wir fast eine Woche in Favignana sozusagen auf „Urlaub“ waren, nützte ich die Gelegenheit, mit dem Tragflügelboot nach Trapani zu fahren. ( 20 min.) Unzählige Kirchen und Paläste, vom 16. Jahrhundert bis zum
Jugendstil. Eine verbleichende und verblichene Pracht allerdings! Vieles ist sehr schlecht beisammen, besonders traurig fand ich den Zustand von Franceso la Grassas berühmter Jugendstilvilla, ursprünglich 1922 als Eissalon gebaut, jetzt vom Besitzer, der Stadtgemeinde, dem Verfall preisgegeben. In einer Stadt, wo in den letzten 15 Jahren vier Bürgermeister und 14 Amtsleiter wegen Verbindungen zur Mafia verhaftet wurden, wundert einen allerdings nichts mehr. Irgendwie ist diese Gegend zweischichtig. An der Oberfläche all das, was einem als Tourist in Italien so gut gefällt: Schöne alte Bauten, feines Essen, herrliches Eis, schöne Menschen, lautes Lachen, ansteckende Fröhlichkeit.
Aber im Hintergrund dürfte die Mafia nach wie vor eine sehr große Rolle spielen, auch in der Bauwirtschaft, da kann man sich denken, von wo aus die Renovierung oder der Verfall alter Gebäude gesteuert werden. Und im liebenswerten kleinen Favignana gibt es außer den vielen italienischen Ferienhausbesitzern und guten Eissalons zwei große Gefängnisse, eines davon erst fünf Jahre alt und hypermodern. Zielgruppe: Mafiosi und Terroristen aus ganz Italien.
Jedenfalls war ich ein paar Tage lang ganz besessen von Verbrechen und Gewalt, kein Wunder, dass mich fast der Schlag traf, als ich eines Morgens aus dem Badfenster blickte und beim Segler neben uns ein Boot der „guardia finanza“ sah. So schnell waren wir noch nie aus dem Bett, denn im Unterbewusstsein hatten wir ein ungutes Gefühl, da wir irgendwo gelesen hatten, man bräuchte ein Permit, wenn man in den ägadischen Inseln segelt. Da mir dies aber nicht einmal die Dame im Tourismusbüro bestätigen konnte, ließen wir diesen Gedanken erst einmal ruhen, bis sich an diesem Tag plötzlich die Behörde drohend in Reichweite befand. Wegen der Genehmigung war in diesem Moment nichts mehr zu machen, aber zumindest wollten wir einen guten Eindruck hinterlassen, wenn sie uns in die Zwickmühle nehmen würden. Das hieß für Poldi: Rasieren, die Reuse aus dem Wasser, das Deck aufgeräumt. Für Grete: Frühstückshäferl abgewaschen, Boden gekehrt, Sofapolster schön mit Knick angeordnet. Alles innerhalb von 10 Minuten. Dann warteten wir auf den gefürchteten Moment. Der kam aber nicht, denn etwas später fuhren die Beamten aus der Bucht raus ohne uns eines Blickes zu würdigen. Wie bestellt und nicht abgeholt haben wir uns gefühlt. Und der amerikanische Nachbar ist ganz umsonst mit dem Beiboot an Land geflohen. Was die Guardia beim Nachbarn zu tun hatte, bleibt wohl für immer unbekannt!
Also konnten wir straffrei unsere Pläne weiter verfolgen: Via Südküste langsam bis zur Marina di Ragusa zu bummeln. Da wir aber gerade die gute Phase bezüglich Knie (schnackelt nur bei blöden Bewegungen) und Hand (aufgrund des von der Ärztin empfohlenen Silbersprays hatte sich schon eine dicke Kruste gebildet) nutzen wollten, kamen wir erst einmal noch unseren Putzpflichten nach. Man würde nicht glauben, wie schnell all die schönen Nirostateile mit Flugrost verunziert werden. Also hat sich Poldi den sehr hohen und sehr exponierten Bügel am Heck vorgeknöpft und ich die Reling. Am nächsten Morgen habe ich den Eifer noch getoppt mit
Fensterputzen und Cockpitwischen, als Poldi plötzlich kam und meinte, wir müssten den Ankerplatz in den Osten verlegen, der Wind habe gedreht.
Und nun die zweite spontane Entscheidung: Es lief so flott nach Nordosten und man konnte den Ballooner so schön ausprobieren, also kein Einlaufen in die nächste Bucht, sondern dranbleiben und auch die geplante Südküste sausen lassen. Noch ein kurzes Winken Richtung Favignana und hinauf zur Nordküste. Landschaftlich ein Gewinn: Die Nordwestecke Siziliens ist wirklich grandios, steile, kahle Berge, kleine Dörfer wie grüne Oasen, lange, stille Strände. Man hat ein wenig das Gefühl, dass sich hinter jedem Felsen ein Mafiosi versteckt. Totales Lokalkolorit also, auch im schönen Fremdenverkehrsort San Vito lo Capo, wo wir sehr gemütlich geankert haben.
Am Weg in Richtung liparische Inseln verschwanden die Mafia-Gefühle nach und nach. Eine Nachtfahrt nach Filicudi und wir fanden uns um 7.30 in der Früh an einer Boje ( 50 € die Nacht, kurzes Aufflackern der Mafia-Gefühle) vor einer 250-Einwohner-Insel wieder, die mindestens 300 Ferienhäuser und –villen aufweist. Die ziehen sich bis auf die 800 Meter hohen Berge hinauf. Wie im Salzkammergut, aber hier wirkt es irgendwie harmloser. Im Endeffekt ist es wahrscheinlich auch nichts Anderes, zersiedelte Berge und im Winter steht alles leer.
Die Segel gehisst Richtung Lipari - aber nicht nur einmal – auf dieser kurzen Fahrt haben wir den Ballooner dreimal gesetzt und runtergenommen, um eine technische Neuerung zu checken. Da hätten wir uns bei 33 Grad ein Bier in Lipari verdient, der wunderschönen Hauptstadt des Archipels. Es war
uns aber nicht vergönnt, denn im Hafen herrscht Ankerverbot, links und rechts daneben ist es viel zu tief. Und die Stegplätze gehen im Sommer in die hunderte Euro pro Nacht (Mafiagefühle?), also mussten wir im Anschluss an unsere Hafenrundfahrt weiter nach Vulcano zu einem Ankerplatz, der vor allem wegen seiner Gerüche sehr berühmt ist: eine Schwefelquelle der beiden Vulkane endet am Strand. Zum Glück kannten wir den Platz schon von einem Törn vor zehn Jahren, sonst hätten wir uns vielleicht wegen der Gerüche ständig gegenseitig argwöhnisch beobachtet.
Morgen wollen wir weiter zur Nordostecke Siziliens, dann die berühmte Strecke über Taormina, Catania, Syracus bis zur Marina di Ragusa. So ist es jedenfalls geplant.
Im Prinzip können wir diesmal unsere Flexibilität nicht wirklich unter Beweis stellen, denn wenn wir wieder spontan anders entscheiden, werden wir nicht rechtzeitig in Ragusa sein.
Unser Heimflug ist jedenfalls für den 24.9. gebucht und davor brauchen wir noch einige Tage für unsere Lieblingsbeschäftigung: Putzen. Im Ernst, das „Einwintern“ des Schiffs ist ziemlich viel Arbeit, deshalb wollen wir am 15.9. in der Marina sein.
Von dort aus kommt unser letzter Bericht für heuer – jedenfalls ist das vorerst einmal so geplant.
Arbatax 22.08.2016
Knie und Hand im Sardenland
Das normale Seglerleben hat uns wieder, nach ein paar Tagen Richtung Süden ist es vorbei mit „reich und schön“. Die Nachbarschiffe in den Ankerbuchten haben wieder ein normales Ausmaß angenommen und statt Hubschraubern gibt es kleine Schlauchboote.
Wir liegen gerade hinter dem Cap Bellavista bei Arbatax und warten auf den vorausgesagten günstigen Wind übermorgen, um weiter Richtung Costa Rei zu segeln.
Rückblick: Da uns das Bierangebot der Supermärkte in Aranci zu mickrig erschien, beschlossen wir vor ungefähr zehn Tagen, wieder einen Stop in Olbia einzuschieben und den tollen Großmarkt Auchan wieder zu besuchen. Außerdem hatte Poldi Bedarf an Splinten und Schrauben, das ist für mich immer ein willkommener Anlass, auf der Suche nach einer Eisenwarenhandlung die Städte kennen zu lernen. Diesmal auch sehr erfolgreich – es gibt einen gut sortierten Nautikladen, dessen Kompetenz uns dazu veranlasst hat, auch gleich einen neuen Heißwasserboiler zu bestellen. Nicht, dass hier bei 33 Grad die Sehnsucht nach einer heißen Dusche so groß wäre, aber man muss die Gelegenheit nützen, wenn man auf einen kompetenten Händler trifft. Und unser gutes Stück ist altersschwach.
Außerdem stand in Olbia – ich weiß, die Damen warten gespannt auf den diesjährigen Bericht – ein Besuch im Nagelstudio an. Diesmal war zu diesem Thema die Dame im Touristenbüro ein großer Erfolg – Ihre beste Freundin mache das, die einzige und beste in Olbia, ein internationales Kosmetikstudio etc. Telefonische Terminvereinbarung, o je, sehr kompliziert. Und als ich schließlich dort eintraf, geleitete mich die sehr hübsche Dame in eine Kosmetikkabine und deutete auf die Liege. Na ja, dachte ich mir, vielleicht machen die hier die Gelnägel im Liegen, schließlich bin ich in Kambodscha beim Friseur auch gelegen. Als sie mich dann aber gestenreich fragte, ob Bikinizone oder Waden, wusste ich, dass da in der Kommunikation was falsch gelaufen war. Allgemeines Gelächter und dann ging man mit mir zum richtigen, sitzenden Behandlungsplatz. Epilieren wäre in diesem schönen Salon natürlich auch eine Option gewesen, aber das hätte die gesplitterten Nägel nicht gerettet. Die günstigen 25 Euro waren partiell aber ohnehin eine Fehlinvestition, da zwei Finger jetzt dick eingebunden sind - aber dazu später.
Wer in Italien kurz vor Ferragosta einen Boiler bestellt, muss natürlich etwas Wartezeit einkalkulieren und so verbrachten wir die Feiertage in zwei Buchten südlich von Olbia und sahen dem Hochsaisontreiben der italienischen Familien zu, alles nett und gesittet. Und das Wasser immer sauber, trotz unzähliger verschiedener Wassersportarten. Besonders gefreut haben wir uns über das „Eisboot“, ein Schifferl, das von Bucht zu Bucht fährt und Eis und Snacks direkt an der Reling verkauft. Da darf man auch wieder einmal eine Ausnahme vom Süßfasten machen…
An meinem Geburtstag kam in der Früh dann das erlösende Mail, der Boiler sei eingetroffen, das erste Geburtstagsgeschenk sozusagen. Also zurück nach Olbia und direkt am Stadtkai angelegt, damit die Anlieferung einfacher ist. War es dann auch, und auch filmreif: Der Chef hat den kniewehen Poldi samt Boiler in einen Fiat 500 gepackt und ist zum Kai gefahren. Da hätte kein Blatt Papier mehr reingepasst, ich bin zu Fuß gegangen.
Am Abend haben wir meinen Geburtstag in einem schönen Restaurant mit hervorragendem Weißwein gefeiert, einem segelnden Wiener Nachtklubbesitzer am Nebentisch Ratschläge erteilend, wie er seiner soeben eingetroffenen Familie das erhoffte Klischee von weißem Strand und türkisem Wasser in Sardinien erfüllen könne.
Tags darauf haben wir unsere Herbergssuche weitergeführt, wir wissen immer noch nicht recht, welcher Marina wir im Winter das Boot anvertrauen sollen. Aber Olbia hat uns diesbezüglich auch nicht überzeugt. Also nichts als weg aus der Hitze der Stadt und in der frischen Luft draußen weiter überlegen!
Klingt einfach, kann aber auch seine Tücken haben: Beim Ablegen von der Kaimauer hat der Wind (nichts Neues, dass es den beim Segeln gibt) den Bug überraschend schnell weggedreht (auch nichts Neues, dass es das beim Segeln gibt) und ich habe völlig baff und starr zugesehen und eine der Festmacherleinen mit der Hand zu halten versucht. Ohne Handschuhe natürlich! Obwohl einem in allen Segel- und auch Kletterkursen klar gemacht wurde, dass es gefährlich ist, wenn eine Leine/ein Seil in der nackten Hand ausrauscht. Jedenfalls muss Poldi seither Zwiebel und Gemüse schneiden, was ihm als Anti-Vegetarier recht weh tut. Er ist jetzt andererseits leicht davon zu überzeugen, den Generator einzuschalten, um den Geschirrspüler zu betreiben, statt mit der Hand abzuwaschen.
Mangels Zivilisation haben wir die Hand selbst verbunden und noch eine Nacht in der „Cala di Luna“ verbracht, eine wegen ihres romantischen Settings berühmte, nur per Boot erreichbare Bucht zwischen Felsen. Einen Tag nach Vollmond hat die Stimmung dem Namen auch wirklich alle Ehre gemacht und auch am Morgen hat sie mit ihren Höhlen (da übernachten offenbar auch Touristen drin) touristisch nicht enttäuscht.
Vorgestern, in Arbatax, wo wir wieder einmal herbergssuchend an die Marinatür geklopft haben, bin ich dann zur „guardia medica turistica“ gegangen. Trotz „turistica“ kein Englisch. Die Ärztin ließ mich gefühlte 20 Seiten Formular ausfüllen, was mit zwei gehäuteten Fingern der rechten Hand nicht so einfach war. Vor Behandlungsbeginn hat sie mich gefragt, wer mich denn erstversorgt hätte und habe brav geantwortet „mio marito“, mein Ehemann. Sie hat dann die Wunden mehrfach gespült und desinfiziert und immer wieder porca, porca“ gerufen, dessen Bedeutung mich natürlich schon sehr interessiert hätte. Als sie kurz rausging, habe ich mit der Linken im Handy nachgesehen und zu meinem Erstaunen „Schweinehund, Schweinepriester, Mistfink“ als Übersetzung gefunden, was ich im Hinblick auf ihre Frage nach dem Erstversorger der Wunden doch etwas fragwürdig fand. Die Dame sah eigentlich recht solide und höflich aus. Schließlich bin ich mit dicken Verbänden wieder davon gezogen. An der Shuttlebus-Haltestelle zum Hafen wurde mir sogar ein Sitzplatz angeboten, so arm dürfte ich ausgesehen haben. Es tut aber überhaupt nicht weh. Morgen sollen wir den Verband runter nehmen und dann nur mehr mit Silberspray behandeln. Angeblich ist in 10 Tagen alles vorbei. Dann muss ich wieder selbst Gemüse schneiden.
Wir haben nun ein Angebot von der Marina in Arbatax erbeten und werden sehen, wie wir uns dann entscheiden. Die ganz in türkis und grau gehaltene Bar dort ist natürlich ein Pluspunkt, da sie exakt zu unserer Inneneinrichtung passt. Aber es gibt halt angeblich noch andere relevante Argumente….
Unsere Wiener Freunde werden in Porto Corallo bleiben (sie sind allerdings nicht da, wenn wir dort sein werden), die deutschen Freunde haben Carloforte im Auge. Ein sehr schönes Städtchen auf einer kleinen Insel im Südwesten, aber wir wollen im Winter ein paar Wochen mit dem Auto herkommen, da ist die Fahrerei etwas mühsam.
Wie auch immer, das nächste Mal werdet Ihr die Entsscheidung erfahren, bis dahin pflegen wir unsere Wehwehchen auf dem Lazarettschiff (Poldis Knie ist nicht besser, obwohl er an guten Tagen immer davon spricht, gleich auf die Kanaren weiter zu fahren) und lassen es uns gut gehen!
(PS: Ich habe bezüglich des „Schweinehunds“ noch nachrecherchiert und bin zur Meinung gelangt, dass die Ärztin „sporca“, also „Schmutz“ gesagt haben dürfte. Deshalb hat sie auch so oft gespült und desinfiziert.)
Aranci 07.08.2014
arm - reich - schön
Beginnen wir den Bericht aus dem Mekka der Promis mit dem Thema „arm“ – denn erstens gibt es passenderweise kurz vor Porto Cervo die „isole di poveri“, also die Inseln der Armen und zweitens ist Poldi auch sehr arm, weil das Knie nach wie vor herumschlenkert, sobald er nicht ganz langsam und vorsichtig auftritt. Irgendetwas ist da lose und ein Fehltritt verursacht sofort, dass sich alles verschiebt und ungefähr so einen Schmerz verursacht, den das Auto fühlt, wenn man beim Schalten nicht aufpasst. Es hört sich auch so ähnlich an.
Da wir keine Lust haben, am Weg durch die Welt alle Spitäler kennen zu lernen, haben wir am Capo Testo – der Absprungort nach Mallorca – beschlossen, die Yin Yang schweren Herzens bis zum Frühsommer 2016 in Sardinien zu lassen und das Knie den österreichischen Ärzten zu überlassen. Die arme Yin Yang weint zwar – sogar das Yin Yang-Zeichen vergießt Tränen – aber es ist Weinen auf hohem Niveau, denn Sardinien ist wirklich schön, vom guten Kaffee abgesehen. Wir haben jedenfalls vor, je nach‘ Knielage‘ im Winterhalbjahr mit dem Auto herzufahren (herrlich, ohne die 23-kg-Gepäckgrenze) und ein paar Wochen zu arbeiten (Poldi) und zu besichtigen (Grete und evtl eine Freundin).
Jedenfalls sind die Stammtisch- Französischkurs- Martha-Schnitzelessen- Pensionistensauna-Fitnesscenter- Inge Rindsrouladen- und andere wichtige Termine für einige Monate ( ab ca 20.9.) wieder gesichert, bevor wir versuchen, Richtung Westen weiter zu kommen.
Die Gesellschaftsreporter der Yin Yang melden sich aber auch von „reich und schön“ – Ihr habt ja in Euren Mails extra darum gebeten. Also: Die Costa Smeralda ist landschaftlich wirklich sehr schön, aber man sieht in erster Linie, dass der Promifaktor wie ein Magnet wirkt – wo alle „Wichtigen“ sind, muss man auch sein. Zumindest wenn man reich und eitel ist. Hier sind nur die, die gesehen werden wollen, denn über AIS, das fast alle auch am Ankerplatz eingeschaltet haben, sieht man die Namen der Schiffe und kann das Weitere googeln: Länge der Yachten zwischen 50 und 150 Meter, Anmeldungen der Megayachten meist auf den Caymen islands, in Malta oder den Marshall Inseln, Besitzer Scheichs oder Russen. So manche Yacht hat einen Hubschrauber an Bord , es gibt sogar extra Versorgungsschiffe für die Yachten, die genauso groß wie sie selbst sind, daneben mitfahren und die gesamte Logistik an Bord haben. Damit muss das Gesamtdesign der Yacht nicht durch Stauräume für Essen, Ersatzteile oder Treibstoff beeinträchtigt werden. Man bekommt den Mund vor Staunen tagelang nicht zu.
Vor einer Woche noch dachten wir, mit ‚Al Mirqab‘ die größte aller Megayachten als Nachbarn zu haben, aber heute liegt hier auf einmal die ‚Dilbar‘, sie ist 150 Meter lang und gehört einem Gasprom-Besitzer.
Aber das Ganze hat einen bitteren Beigeschmack: Wenn der Besitzer der ‚Dilbar‘, 17 Milliarden hat – und was wir so recherchiert haben, ist es bei den Anderen ähnlich - muss das Geld woanders fehlen! Und woher das Geld für den ganzen Wahnsinn her ist, will man gar nicht so genau wissen. Man schwankt jedenfalls ständig zwischen Staunen und Grauen.
Das wär’s zum Thema „reich“. Dass „schön“ da nicht weit ist, versteht sich von selbst. Wobei man komischerweise kaum Leute auf diesen Schiffen sieht, selten auch die schönen Damen, entweder sind die Herrschaften immer unter Deck oder es nur die Besatzung an Bord, um alles bereit zu haben, falls der Besitzer kurz einmal einfliegen möchte.
Zurück zu unserer Reiseroute hier: Im Anschluss an den letzten Homepagebericht waren wir in Olbia, weil wir wieder einmal ordentlich einkaufen wollten. Ich hatte etwas Angst vor dem Ankern in der Stadt und vor der engen Einfahrt, die sich aber trotz einer riesigen Fähre hinter uns sowohl nerven- als auch fahrrinnenmäßig leicht bewältigen ließ. Das Ankern im Zentrum der Stadt ist super – kann man wirklich empfehlen, es gibt genug Platz und man kann sogar, wenn man will, gratis an der Pier anlegen und ist direkt in der Fußgängerzone.. Die teure Marina hingegen ist zwar schön aber weit weg. Am Stadtkai aber spielt sich das Leben ab: unter Anderem hat an diesem Tag eine tschechische Segelyacht ihre Passagiere aufgenommen, sie ist vor 10 Jahren als Replik eines Seglers des 18. Jahrhunderts nachgebaut worden. Jetzt werden Törns für Touristen angeboten, die lernen wollen, wie man damals gesegelt ist. Am Abend wurden wir sogar durch einen Ruderwettbewerb und ein dazugehörendes Feuerwerk ( nur Poldi, ich hab verschlafen) unterhalten.
Unser mehrtägiger Ausflug an die Nordküste war landschaftlich sehr schön, am Weg dorthin haben wir auch den tschechischen Oldtimer wieder getroffen, ich habe zu Fuß das nördlichste Städtchen Sardiniens, Santa Teresa di Galura besucht – österreichisch anmutend, da vom piemontesischen Mann Maria Theresias gegründet ( ratet, woher der Name kommt). Eine besondere Freude war sowohl beim Hin- als auch beim -Zurückfahren der Anblick des Bären am Capo d’Orso. Erst meint man, die Steinformation nicht zu finden und nicht zu erkennen und plötzlich steht der Bär unverkennbar am Berggipfel und grüßt die vorbeifahrenden Boote. Am Foto zu sehen – ein Bär auf allen Vieren.
Am nächsten Tag – Sonntag – bin ich gleich in der Früh in die Basilika gegangen – herrlich, frühromanisch mit Holzdecke – und dann als Ausgleich ins größte Shoppingcenter Sardiniens gefahren. Erste Aktion dort: in einem vertrauenswürdigen L’Oréal-Salon die Haare geschnitten, ohne Worte (derer bin ich immer noch nicht mächtig) aber effizient. Poldi traut sich gar kein großes Foto auf die Homepage zu geben. Dann viel eingekauft – zB Rindfleisch vom schottischen Hochlandrind aus Österreich – und viel Bier. Die Taxifahrerin, die mich zum Boot zurück gebracht hat, meinte nur lakonisch: „Ja ja, die Segelboote selbst brauchen ja nur den Wind, aber die Kapitäne benötigen Sprit“.
Zu Olbia noch ein Sidestep: Das Thema Mist in Sardinien ein ganz Spezielles, wenn auch erfreulich. Normalerweise gibt es in der Umgebung eines Hafens, wo Sportboote anlegen, große Mistkübel. Nachdem ich keine gefunden habe, habe ich mich im Touristenbüro erkundigt: Man müsste eine Telefonnummer anrufen und sagen, wie viel man von welcher Sorte Mist habe (also genau getrennt in Plastik, Glas, Metall, Papier und Restmüll) dann käme ein Schiff, das die Säcke übernähme. Das war uns mit unseren kleinen Säcken aber doch zu blöd. Mit dem Plan, sie am Sonntag frühmorgens in die Mülltonnen von Restaurants zu stopfen, ging ich an Land, wo mir sofort ein Müllauto speziell für Plastik in die Hände fiel. Ich hab ihm die Restmüllsäcke in die Hand gedrückt, er hat geschimpft und sie schließlich im Führerhaus des Müllfahrzeuges untergebracht. Seither trennen wir streng: Poldi schneidet alle Plastikflaschen klein, damit sie nicht so viel Platz brauchen und wir bringen sie genauso wie die kleingedrückten( dafür haben wir extra eine selbst gebaute Zusammendrückmaschine) Getränkedosen in getrennten Säcken an Land. Hier in Aranci hat uns gestern ein junger Müllmanager in einem roten T-Shirt der Stadtverwaltung sofort unsere Säcke aus der Hand genommen, kaum hatten wir nach dem Dingianhängen festen Boden unter den Füßen. Das nenne ich Müll-Service!
Es ist aber wirklich alles sehr sauber hier – zumindest die Orte, die wir gesehen haben. Deshalb bemühen wir uns jetzt sehr um ein angemessenes Müllverhalten.
Seit Freitag sind wir nun in Aranci, ein Städtchen in der Nähe von Olbia, wohin sich nicht nur wir sondern auch viele andere Hyper- Mega- Mezzo und Miniyachten übers Wochenende zurückgezogen haben, da Mistral angesagt war und man hier geschützt ist. Der Wind war nicht zu arg und wir freuen uns über die nette Stadt – trotz Fährhafens ruhig und sauber, eine tolle Strandpromenade mit Palmen und Rasen, schöne Restaurants und gutes Eis. (Zweimal gesündigt). Ein interessanter Sonnenuntergang wurde gestern auch mitgeliefert.
Wir werden nun richtig gemütlich die Ostküste wieder runter bummeln und das warme und klare Wasser genießen.
Wenn wir vor lauter Gemütlichkeit noch nicht ganz verkommen sind, melden wir uns in zwei Wochen wieder!
28.07.2016 Capo Comino - Sardinien
Endlich am Wasser!
So angenehm das Hotelleben mit der schönen holzgetäfelten all-inklusive Bar auch war, nach einer Woche Schönheitskur für die Yin Yang war es höchste Zeit, frisch geputzt wieder ins Wasser gelassen zu werden. Einige von Euch haben das Facebook- Foto von der Werft wahrscheinlich gesehen – so sauber wird das Boot für lange Zeit nicht mehr sein!
Endlich, am 19. Juli hat der starke Nordwind soweit nach West gedreht, dass der Weg Richtung Norden für uns frei geworden ist und wir die tunesischen Behörden von der geplanten Abreise informieren konnten. Und zack-zack waren wir auch schon abgefertigt, nett und unkompliziert. Die Erlebnisse von Seglern, die sich in diversen Internetforen über die bakschischheischende und unfreundliche Art der tunesischen Hafenbehörden beklagen, können wir nicht nachvollziehen. Über die „Abschiedsschokolade“ haben sich natürlich alle gefreut, aber das ist ja wohl nicht als Bestechung zu bezeichnen. Besonders verdient hat sich auch das Marinabüro die Naschereien, die Mitarbeiter waren das ganze Jahr lang entgegenkommend, hilfsbereit und nett.
Süßes wäre auch bei der Überfahrt nach Pantelleria willkommen gewesen (aber da sind wir eisern- nichts Süßes am Schiff), denn einen Tag und eine Nacht hart am Wind bei bis zu 25 Knoten macht auch mit einer Amel ein wenig müde, obwohl sie immer brav und ruhig segelt. Wir haben in bester Verfassung morgens in Pantelleria angelegt und den ersten italienischen Cappucino( ich weiß, Susi, den darf man eigentlich erst am Nachmittag trinken, vorher genießt der Italiener nur schwarz) so richtig genossen. Schwieriger war da schon der Behördengang: Da wir uns immer eingebildet haben, man müsse ausklarieren, wenn man die EU verlässt und wieder einklarieren, wenn man zurück kommt, sind wir – in Erinnerung an die bühnenreifen Erlebnisse in Marsala letztes Jahr – recht skeptisch zur Polizei aufgebrochen. Und tatsächlich, drei Mann hoch haben auf uns eingeredet, dass das Einklarieren nicht notwendig sei, ein Besuch der Zollbehörde schon überhaupt nicht. Wie die rechtliche Lage wirklich ist, ist uns nach wie vor unklar (man denke an die Törns von Dubrovnik nach Montenegro!), aber da auch die aus Tunesien kommenden Franzosen neben uns den Behördenbesuch ausgelassen haben, konnten wir uns ohne Stempelmarken- und Agentenkosten auf die Weiterfahrt nach Sardinien konzentrieren, die mit anschiebendem Südwind in einem Tag, einer Nacht und wieder einem Tag rasch erledigt war. In unserem Geschwindigkeitsrausch wollten wir sogar den Ballooner setzen ( eine Art Spinaker), leider ist dabei aber das Fall ausgerauscht. Für mich die Gelegenheit, mich endlich einmal zur Erklimmung des Masts zu überwinden, um die Leine in der nächsten Marina runter zu holen. Folgenreicher war dann schon die Wirkung einer kleinen blöden Bewegung, mit der sich Poldi beim Genuaausbaumen das lädierte, schon vor zwanzig Jahren operierte Knie verdreht hat. Es ließ sich zwar wieder zurückdrehen, aber seither ist es ganz locker und knackt bei jedem Schritt, was auch recht weh tut.
Die Wiedersehensfreude mit Günter und Trude, die wir letztes Jahr auf den egadischen Inseln kennen gelernt haben und die jetzt in Porto Corallo auf uns warteten, hat das zwar nicht getrübt, und Tudes köstliches Empfangsessen mit ausreichend Frizzante und Bier konnte den Schmerz zwar kurzfristig unterdrücken, aber nicht vernichten.
Ein Einkaufstrip mit Trude am nächsten Tag hat mich direkt ins italienische Paradies befördert – Prosciutto, Parmesan, Mascarpone satt, anschließend ein Cafébesuch mit Cappucino und eiskaltem Apérol – herrlich. In Tunesien bekommt man zwar auch alles, aber halt nicht mit so viel Stil!
Die beiden Amelkollegen sind nun auf dem Weg zu einem Heimaturlaub in Wien und wir gondeln die Ostküste Sardiniens entlang. Ruhige Ankerplätze, kein Vergleich zu Kroatien oder Mallorca, warmes, glasklares Wasser und eine wunderbare, abwechslungsreiche Landschaft. Gestern haben wir noch zwischen hohen Felswänden und einem kleinen Kiesstrand übernachtet, heute ankern wir vor einem unendlich langen Sandstrand mit Dünen vor Pinienwäldern. Natürlich gibt es auch viele Ferienhäuser, Campingplätze und einige Hotels, aber alles so niedrig, dass man die Anlagen zwischen den Bäumen fast nicht sieht. Wir sind gespannt, wie sehr sich alles ändert, wenn wir in ein paar Tagen an der Costa Smeralda sind, es ist anzunehmen, dass dann nur mehr Luxusmotoryachten an uns vorbei zischen und es weniger beschaulich ist.
Unsere Gedanken kreisen natürlich ständig um das blöde Knie – wenn da nicht plötzlich über Nacht eine Wunderheilung passiert, muss es im Herbst unters Messer. In diesem Fall würden wir Günter und Trude im September in Porto Corallo wiedersehen statt über den Atlantik zu segeln. Eine Überwinterung der Yin Yang in Sardinien mit eingeschlossenem Sardinienurlaub mit dem Auto ( nach wiederhergestelltem Knie) wäre natürlich auch eine Alternative, die nicht so ganz schrecklich ist – denn wir lassen uns von einem unfolgsamen Knie nicht in die Knie zwingen!
Einstweilen genießen wir die Küste hier und hoffen auf die Wunderheilung, ich kaufe mir jedenfalls schon einmal in der nächsten Stadt, in die wir kommen, ein Italienisch-Anfänger-Lehrbuch!
Unsere nächsten nautischen und medizinischen News dann in ca zwei Wochen, inkl. Costa Smeralda, vielleicht lernen wir dort einen Millionär kennen, der ein MRT an Bord hat und mit einem orthopädischen Chirurgen unterwegs ist!
16. Juli 2016 aus Monastir/Tunesien
Der Tag des Kusses und die Segnungen der Piratenkiste
Kopfschüttelnd haben wir am Tag unserer Abreise aus dem Radio erfahren, dass es sich um den Tag des Kusses handelte – was es so alles gibt!
Nur wenige Stunden später wurde uns dessen persönliche Dimension aber klar: wir hatten den Taxifahrer, den wir von unserem letztes Aufenthalt her kannten, nach Tunis zum Flughafen bestellt, ein normalerweise durchaus unemotionaler, profaner, normaler Mensch. Umso größer war unsere Verwunderung, als er uns stürmisch bussselnd um den Hals fiel, links-rechts, links-rechts, links-rechts – hier wird offenbar sogar 3x, nicht nur zweimal geküsst wie in Frankreich. Aber das war noch nicht alles. Er wurde nämlich von Frau und Sohn begleitet, die es sich auch beide nicht nehmen ließen, uns ordentlich abzuschmusen.
Eingeklemmt zwischen Frau und Sohn auf der Rückbank, zwischen Entsetzen und Erstaunen schwankend, wurde mir im Gespräch der Hintergrund dieses Empfangs nach und nach klar: Ähnlich wie in Schwechat dürfen normale Taxler von außerhalb auch hier keine Kunden am Flughafen aufnehmen. Daher die „Tarnung“ als traute Familie, die voller Rührung die österreichische Verwandtschaft abholt!
Trotz dieses profanen Grundes gab’s beim Aussteigen noch einen ordentlichen Kuss-Nachschlag von allen dreien, vermutlich auch vor Freude über den nicht unerheblichen Umsatz, denn von Tunis nach Monastir fährt man immerhin zwei Stunden.
Seither hat uns Raouf, der Taxifahrer, aber nur mehr ohne Familie chauffiert, er gab uns auch ganz normal die Hand. Die Extras gibt’s eben nur am Tag des Kusses.
Weiter ging’s in den nächsten Tagen damit, die Yin Yang erst einmal von der halben Sahara zu befreien, die sich seit Weihnachten auf unserem Deck niedergelassen hatte.
Weiters durfte Poldi auf den Mast, um eine neue Masteinheit vom Windmesser einzubauen, später war er ziemlich lange mit dem Kopf hinter dem Schaltpaneel verschollen, um all die neuen Teile zum Funktionieren zu bringen, die unser Gepäck auf 64 kg gebracht hatten. Ich war inzwischen in diversen Supermärkten, um Getränke für die nächsten Wochen einzukaufen ( ein vertiefender Test der verschiedenen Biersorten war dem vorausgegangen), die lassen sich vom Kai aus halt viel leichter verladen als via Beiboot am Ankerplatz.
Das alles bei praller Sonne und glühender Hitze, ständig schweißgebadet. In dieser Situation hat sich der Inhalt der „Piratenkiste“, die Poldi von seinen Arbeitskollegen zum Abschied bekommen hat, optimal bewährt.
Nein – nicht die scharfen Fischmesser zum Selbstmord, auch nicht die Schokotaler zum Trösten- sondern vor allem das After Sun Gel, die Sonnencreme, die Badehose und der Hut. Vielen Dank noch einmal!
Christiane, wir denken täglich an Dich, wenn die Schultern brennen und das Gel uns kühlt!
Im Moment ist es mit der Hitze insofern erträglicher geworden, als ein unglaublich starker Nordwind bläst und wir außerdem während der Werftwoche im Regency-Hotel wohnen. Es liegt direkt neben der Marina, hat vier Sterne, gutes Essen und wir haben es bei Billa Reisen zu einem sagenhaften All Inklusive-Preis gebucht. Da profitiert man natürlich von der Tourismuskrise in Tunesien, im Hotel gibt es nur ca 50 Gäste, die meisten aus Algerien und Russland, Westeuropäer praktisch null. Da nun auch der Attentäter von Nizza Tunesier ist, wird sich die Lage nicht bessern. In der Stadt herrscht zwar geschäftiges Treiben, es sieht optisch nicht nach Krise aus, aber in den Andenkengeschäften gibt es nur arabische Kunden.
In der Marina läuft alles ganz normal, am Montag kam das Schiff in die Werft, wurde aufgebockt und seither von unten und oben gleichzeitig bearbeitet. Unten wurde von den Arbeitern der dicke Algen- Muschel- und Schneckenbelag entfernt und ein neuer Antifouling-Anstrich aufgebracht, oben hat Poldi elektrisch ( Ventilator, Lampen, Gangway) und ich mechanisch (das Nirosta abschnittweise polierend) gewirkt.
Wenn unsere Hotelwoche übermorgen vorbei ist, kommt die Yin Yang frisch geserviced wieder ins Wasser und wir widmen uns den letzten Dingen vor der Abfahrt: Die Feuerlöscher und die Klimaanlage werden überprüft und ich werde mich in eine Behördenodyssee stürzen und versuchen, die Mehrwertsteuer für das Antifouling zurück zu bekommen.
Sobald der heftige Nordwind nachlässt - er kommt genau aus der Richtung, in die wir wollen - möchten wir uns dann aber endlich auf den Weg Richtung Sardinien machen, wahrscheinlich über Pantelleria.
Vermutlich gibt es daher den nächsten Homepage-Beitrag dann aus Sardinien. Aber- wie das beim Segeln halt so ist – wir werden sehen, wohin der Wind uns treibt!